Hendricks will Häuslebauern mit bis zu 20 000 Euro helfen

Immer mehr Menschen zieht es in die Städte – dort wird Wohnraum teuer. Eine Novelle des Baurechts, die das Kabinett gestern verabschiedet hat, soll das Zusammenleben erleichtern. Dafür werden „urbane Gebiete“ geschaffen.

 Bauministerin Barbara Hendricks (SPD) wünscht sich staatliche Zuschüsse für Familien. Foto: dpa

Bauministerin Barbara Hendricks (SPD) wünscht sich staatliche Zuschüsse für Familien. Foto: dpa

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Was ist ein urbanes Gebiet?

Das Ideal ist eine nachhaltige "Stadt der kurzen Wege", in der Familien und Singles wohnen, in der es aber auch Gewerbe und Kultur gibt. Also Gastronomie, Geschäfte, Musikschule, Club, Kita - alles dicht beieinander, so dass man im besten Fall überall hin zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren kann.

Warum braucht es dafür eine neue Kategorie im Baurecht ?

Für die bisherigen Mischgebiete gelten Bauvorschriften, die im urbanen Gebiet weniger streng sein werden. Dort darf höher und dichter gebaut werden. Heißt zum Beispiel: Statt 60 Prozent dürfen 80 Prozent eines Grundstücks bebaut werden. Außerdem darf es bald lauter sein, auch abends oder am Wochenende.

Wo soll es urbanes Gebiet geben?

Grundsätzlich überall, wo die Kommunen es wollen. Zum Beispiel auf innerstädtischem Brachland oder alten Gewerbegebieten, schlägt Umweltministerin Barbara Henricks (SPD ) vor. Sie erwartet wegen der Lärmbelastung nicht, dass reine Gewerbegebiete in urbane Gebiete umgewandelt werden.

Was ist mit dem Lärm auf Sportplätzen?

Es gibt immer wieder Ärger, weil zum Beispiel das Fußballspielen auf Plätzen in Wohngebieten Lärm macht. Nun werden die sogenannten Immissionsrichtwerte für die Ruhezeit am Abend bis 22 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen nachmittags zwischen 13 und 15 Uhr an die Tages-Grenzwerte angeglichen, damit Vereine das Training nicht unterbrechen müssen.

Sind die Kommunen einverstanden mit den Änderungen?

Weitgehend ja. "Es ist gut, dass die Städte mit der Novelle mehr Spielraum für ihre Stadtplanung erhalten", sagt Eva Lohse , die Präsidentin des Deutschen Städtetages.

Was plant die Ministerin, um Familien zu Eigentum zu verhelfen?

Hendricks hätte gern ein Familienbaugeld von höchstens 20 000 Euro für Familien, die erstmals ein Eigenheim bauen oder kaufen wollen. Der Zuschuss zum Eigenkapital soll helfen, einen Kredit zu bekommen. Bisher ist das allerdings nicht mehr als ein Plan Hendricks', die darüber nach eigenen Angaben in "guten Gesprächen" mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU ) ist. Im Finanzministerium heißt es, das seien "eigene Überlegungen" der Bauministerin.

Aber falls was draus wird - wer genau soll den Zuschuss bekommen?

Grundsätzlich Familien mit bis zu 70 000 Euro Haushaltseinkommen pro Jahr, die in Gebieten mit hoher Wohnungsnachfrage bauen oder kaufen wollen. Ob es einen Rechtsanspruch geben soll oder ein bestimmtes Förderbudget pro Jahr, muss Hendricks zufolge noch besprochen werden.

Wie fallen die Reaktionen im Saarland aus?

Michael Weiskopf vom Eigentümerverband "Haus & Grund" begrüßt die Möglichkeit, mehr Wohnraum in den Zentren zur Verfügung zu stellen. Im Saarland sei die Lage aber entspannter, da es selbst in Saarbrücken relativ viele Leerstände gebe. Kai Werner vom Mieterbund Saar fände eine Förderung des sozialen Wohnungsbaus sinnvoller. Und die 20 000 Euro zur Stärkung der Eigentumsquote seien angesichts der Gesamtkosten "ziemlich schnell weg".

Meinung:

Politische Lockangebote

Von SZ-Korrespondent Stefan Vetter

Der Wahlkampf zieht herauf, und die großen Parteien haben die Familien entdeckt. Nach dem Willen von Union und SPD sollen auch sie sich Wohneigentum leisten können. Die CSU hat bereits ein "Baukindergeld" beschlossen, die CDU dürfte auf ihrem anstehenden Bundesparteitag nachziehen. SPD-Bauministerin Hendricks stellt Familien jetzt sogar bis zu 20 000 Euro für den Erwerb der eigenen vier Wände in Aussicht. Das klingt sympathisch. Andererseits haben die Zinsen einen historischen Tiefststand erreicht. Braucht es da wirklich neue Subventionen?

Wer Normalverdiener-Familien in Metropolen wirklich helfen will, der muss für genügend bezahlbare (Miet-)Wohnungen sorgen. Das fängt mit erschwinglichem Bauland an und hört beim Verzicht auf kostenträchtige Wärmedämmvorschriften, die kaum zusätzliche Wirkung entfalten, noch lange nicht auf.

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