Heikler Heimatbesuch für Benedikt XVI.Marx steigt in den engsten Beraterkreis des Papstes auf

Rom/Berlin. Erst privat und pastoral, jetzt offiziell: Nach Wochen der Gerüchte und Spekulationen ist der erste Staatsbesuch von Papst Benedikt XVI. (Foto: epd) in seinem Heimatland nun in trockenen Tüchern. Im Oktober lud Bundespräsident Christian Wulff das 83-jährige Oberhaupt der Katholiken nach Deutschland ein, nun gibt der Vatikan bereits das Startzeichen

 Papst Benedikt XVI. besucht im kommenden Jahr zum ersten mal als Staatsgast sein Heimatland Deutschland. Foto: dpa

Papst Benedikt XVI. besucht im kommenden Jahr zum ersten mal als Staatsgast sein Heimatland Deutschland. Foto: dpa

Rom/Berlin. Erst privat und pastoral, jetzt offiziell: Nach Wochen der Gerüchte und Spekulationen ist der erste Staatsbesuch von Papst Benedikt XVI. (Foto: epd) in seinem Heimatland nun in trockenen Tüchern. Im Oktober lud Bundespräsident Christian Wulff das 83-jährige Oberhaupt der Katholiken nach Deutschland ein, nun gibt der Vatikan bereits das Startzeichen. Doch wenn Joseph Ratzinger im Herbst 2011 nach Berlin, Erfurt und Freiburg reist, begibt er sich auf eine heikle Mission: Einige seiner umstrittenen Entscheidungen ließen die anfängliche Begeisterung über den "deutschen Papst" abebben. Und der Missbrauchsskandal stürzte seine Kirche in eine tiefe Krise.

Der Bundespräsident hebt die ganz besondere Freude und Ehre hervor, "den Heiligen Vater im 60. Jahr seiner Priesterweihe in seinem Heimatland begrüßen zu dürfen". Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, macht aber auch gleich deutlich, was er sich von diesem Besuch aus Rom erhofft: Kraftvolle Impulse und Rückhalt für seine Kirche. Über Monate machte der Skandal um pädophile Priester schlimmste Schlagzeilen, brachte die Kirche in Erklärungsnot, zwang sie zum Handeln. Viele kehrten ihr den Rücken. Dieser Skandal lastet bedrückend auf dem Vatikan. Doch bei der Reise nach Deutschland hat Benedikt XVI. weiteres schweres Gepäck dabei. Kurz nach seiner Wahl zum Pontifex 2005 traf er auf dem Weltjugendtag in Köln noch auf ein begeistertes Publikum. Doch 2006, bei der Visite in seinem Bayern, trat er in seiner Regensburger Rede mit einem islamkritischen Zitat ins Fettnäpfchen und erboste viele Muslime. Reformwillen zeigte Benedikt bisher wenig. Und auf völliges Unverständnis stieß gerade in Deutschland das Zugehen auf die erzkonservativen Pius-Brüder mit dem Holocaust-Leugner Richard Williamson. Die Kirche verlor arg an Boden.

Benedikts Reisen in fünf europäische Länder in diesem Jahr haben allerdings auch gezeigt, dass er Ablehnung und Kritik nicht scheut. Ob auf Malta, in Portugal oder Großbritannien: Er traf sich wieder und wieder mit Missbrauchsopfern und sprach mehrfach von der großen Sünde im Schoß seiner Kirche. In Rom heißt es, kaum etwas sei dem Papst in den vergangenen Monaten so nahe gegangen wie die immer neuen Hiobsbotschaften über üble Fehltritte in katholischen Einrichtungen. Mit etwas Abstand zu den Enthüllungen nun Deutschland zu besuchen, das passt jedoch auch in das Weltbild dieses Papstes: Er betreibt eine "Neu-Evangelisierung" in westlichen Ländern, in denen seine Botschaft christlicher Werte zu verhallen droht.

Nun war in den vergangenen Jahren schon oft der Ruf laut geworden, Benedikt solle als deutscher Papst das Land wieder bereisen, diesmal offiziell. Dabei ist er immerhin schon 83 Jahre alt und nicht so reisefreudig wie der "eilige Vater" Johannes Paul II. Hinter den Vatikan-Mauern wurde dem Ruf aus Deutschland auch mal mit dem Argument begegnet, Benedikt sei mit einer Gemeinde von mehr als 1,1 Milliarden Gläubigen weltweit eben der Papst des gesamten Planeten und nicht nur der der Deutschen. Doch immer wieder berichten Besucher aus der Heimat, wie stark sich der Mann aus Marktl am Inn in Audienzen für alles interessiert, was in Deutschland so passiert. In zehn Monaten kann er sich selbst ein Bild davon machen. dpa München/Rom. Endlich wieder ein Anlass zum Feiern in der katholischen Kirche: Nach einem Jahr, das von Negativ-Schlagzeilen bestimmt war, macht der frühere Trierer Bischof und jetzige Münchner Erzbischof Reinhard Marx (57, Foto: afp) einen weiteren Schritt auf der kirchlichen Karriereleiter. Am Wochenende wird er in Rom von Papst Benedikt XVI. zum Kardinal ernannt. Marx will diese Personalentscheidung als Aufbruchsignal werten. Kurz nach Bekanntwerden der Ernennung sagte er: "Die Erschütterungen der letzten Monate müssen Ausgangspunkt einer geistlichen Vertiefung sein und für einen neuen Mut, den Glauben in einer unübersichtlicheren Welt zu bezeugen."

Die purpurnen Soutanen sind also geschneidert, das Festprogramm ist längst entworfen: Rund 1500 Pilger aus seinem Erzbistum München-Freising, aus seinem Heimatbistum Paderborn und aus seiner früheren Diözese Trier sind in Rom dabei, wenn Marx und 23 andere Neu-Kardinäle von Papst Benedikt zunächst am Samstag das Kardinalsbirett und das Ernennungsdekret erhalten. Am Sonntag dann überreicht der Pontifex den Geistlichen in einem feierlichen Gottesdienst im Petersdom ihre Kardinalsringe. Dabei ist dann auch Walter Brandmüller, gebürtig aus Ansbach (Bayern), der ebenfalls zum Kardinal ernannt wird - mit 81 Jahren darf er aber an einer Papstwahl nicht mehr teilnehmen.

Die Kardinalswürde ist im Falle Brandmüllers eher der Dank für jahrelange Arbeit als Chefhistoriker im Vatikan. Für Marx dagegen wirkt die Aufnahme in den engsten Beraterkreis des Papstes wie ein Wink, dass bald die wichtigste Position im deutschen Episkopat auf ihn wartet: Der Vatikan-treue und trotz aller Volksnähe konservative Experte für die katholische Soziallehre könnte an die Spitze der Deutschen Bischofskonferenz rücken. dpa

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