Hartmann kassierte 25 000 Euro Fahrtkosten vom Landtag

Saarbrücken. Noch-Wirtschaftsminister Christoph Hartmann, der am 18. Januar wieder in die Rolle des liberalen Fraktionschefs im Landtag schlüpfen wird, hat 2004 bis 2009 mehr als 25 000 Euro an Fahrtkostenpauschalen vom Parlament erhalten, die ihm angeblich aber nicht zustanden

Saarbrücken. Noch-Wirtschaftsminister Christoph Hartmann, der am 18. Januar wieder in die Rolle des liberalen Fraktionschefs im Landtag schlüpfen wird, hat 2004 bis 2009 mehr als 25 000 Euro an Fahrtkostenpauschalen vom Parlament erhalten, die ihm angeblich aber nicht zustanden. Landtagspräsident Hans Ley (CDU) bestätigte gestern, eine im Zuge der Dienstwagen-Affäre um den FDP-Politiker Christoph Kühn von ihm angeordnete Prüfung habe ergeben, dass der damalige FDP-Fraktionschef Hartmann 2006 einen "rechtswidrigen Bescheid" der Landtagsverwaltung erhalten hat. Ley wörtlich: "Dieser Bescheid war falsch, die Rechtsauffassung irrig!" Aus heutiger Sicht, die auf einer aktuellen Prüfung der Rechtslage basiere, fuhr Hartmann in der letzten Legislaturperiode einen Dienstwagen der Fraktion und hatte nach den Paragrafen des Abgeordnetengesetzes keinen Anspruch auf Fahrtkosten. Ley selbst war 2006 mit dem Fall nach eigenen Angaben nicht beschäftigt. Dies war Sache der Verwaltung. Der frühere Landtagsdirektor stellte Hartmann den Persilschein aus.Zu den Details, die weitgehend von Hartmann bestätigt wurden: Der FDP-Fraktionschef hatte im Oktober 2004 zunächst angegeben, keinen Dienstwagen zu fahren. Folglich erhielt er die Fahrtkosten von rund 460 Euro im Monat. Überprüft werden die Parlamentarier-Angaben vom Landtag nicht. Ley: "Wir schnüffeln den Abgeordneten nicht nach!" Erst im Juni 2006 informierte Hartmann die Verwaltung, dass ihm seit November 2004 ein Dienstfahrzeug zur Verfügung stehe. Konsequent reagierte der Landtag und forderte am 7. Juli 2006 exakt 9347,80 Euro Fahrtkosten plus 1010,81 Euro Zinsen zurück, die Hartmann an die Landeskasse zahlte. Zweieinhalb Monate später meldete sich Hartmann mit der Bescheinigung seines Steuerberaters und versicherte dem Landtag, er zahle alle Kosten des Dienstwagens selbst. Auf dieser Basis vollzog die Verwaltung eine Rolle rückwärts. Ley: "Irrigerweise hat sie angenommen, dass durch diese Kostentragung seitens des Abgeordneten Hartmann die Dienstwageneigenschaft des Fahrzeuges entfalle." Die Juristen seien sich heute einig, dass es nach dem Gesetzeswortlaut nur auf die Überlassung des Autos durch die Fraktion ankomme. Zu welchen Bedingungen dies erfolge, sei unerheblich.

Bei Hartmann klingelte im September 2006 die Kasse: 10 358, 61 Euro wurden wieder erstattet und zudem gab es monatlich Pauschalen in der Preisklasse von 462 Euro bis Ende 2006 und dann von 368 Euro. Zurückfordern kann der Landtag das Geld heute von Hartmann nicht mehr. Er genießt Vertrauensschutz. Die Verwaltung hat den Fehler gemacht, nicht er.

Warum aber hat Hartmann seinem Parteifreund Kühn im Dezember 2011 nicht beigestanden, als dieser wegen einer Dienstwagenaffäre in der Kritik stand? Kühn hatte beteuert, alle Kosten des von der Fraktion geleasten BMW X 3 selbst bezahlt zu haben. Hartmann hätte ihm mit seinem Persilschein aus dem Jahr 2006 Argumentationshilfe an die Hand geben können. "Ich war der Meinung, mich geirrt zu haben", sagte Hartmann gestern. Er habe den Bescheid in seinen Unterlagen gesucht, aber nicht gefunden. Deshalb will der viel beschäftigte Politiker an seiner Erinnerung gezweifelt haben. Auch an die Erstattung der über 10 000 Euro habe er nicht mehr gedacht, geschweige denn daran, bei der Verwaltung oder seinem Steuerberater nach dem alten Bescheid in eigener Sache zu fragen. Christoph Kühn hat die Fahrtkosten zurückgezahlt. Hartmann hat sich noch keine Gedanken gemacht, ob er freiwillig zahlt. Zwingen kann ihn niemand mehr.

Meinung

Minister mit Erinnerungslücken

Von SZ-RedakteurMichael Jungmann

Noch-Wirtschaftsminister Christoph Hartmann ist in Argumentationsnot. Er hat in der letzten Legislaturperiode vom Landtag 25 000 Euro Fahrtkosten kassiert, obwohl er ein FDP-Auto steuerte. Das Geld floss auf der Grundlage eines angeblich rechtswidrigen, aber sicher rechtskräftigen Bescheides. Warum aber ließ der Minister seinen Parteifreund Christoph Kühn in dessen Dienstwagenaffäre einsam im Dauerregen stehen? Warum meldete er sich nicht zu Wort und erinnerte an seinen gleich gelagerten Fall, in dem die Verwaltung anders entschieden hatte? Sein Erklärungsversuch mit Erinnerungslücken und vermissten Unterlagen zeugt nicht gerade von Glaubwürdigkeit, eher von inszenierter Naivität.

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