Interview Hans Bächle „In Frankreich gibt es deutlich klarere Grenzen als bei uns“

Saarbrücken · Der Leiter des Deutsch-Französischen Gymnasiums in Saarbrücken meint: Die Kinder im Nachbarland sind disziplinierter als in Deutschland.

 Hans Bächle, Schulleiter des Deutsch-Französischen Gymnasiums in Saarbrücken

Hans Bächle, Schulleiter des Deutsch-Französischen Gymnasiums in Saarbrücken

Foto: Bächle

Hans Bächle ist seit zwölf Jahren Schulleiter des Deutsch-Französischen Gymnasiums in Saarbrücken. Unsere Redaktion sprach mit ihm über die Erziehungsunterschiede zwischen Frankreich und Deutschland – und darüber, was er von dem Vorhaben hält, die Prügelstrafe zu verbieten.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Unterschiede in der Erziehung?

BÄCHLE Ich habe in den vergangenen Jahren häufig festgestellt: Schüler aus Frankreich haben im Vergleich zu Schülern aus Deutschland eine bessere Disziplin. Das fängt schon im Kindergarten an. Die Kinder lernen zum Beispiel zu zweit in der Reihe anzustehen und zu warten. In den Schulen gibt es dort auch mehr Aufsichtspersonal, das darauf achtet, dass die Kinder sich ordentlich benehmen. Grundsätzlich findet sich in Frankreich ein ganz anderer Erziehungskonsens als bei uns. Der hilft auch den Eltern. Sie haben mehr Sicherheit in ihren pädagogischen Entscheidungen.

Was ist noch anders?

BÄCHLE Respekt ist ein großes Thema. Auch da lassen sich Unterschiede festmachen. Deutschen Schülern müssen wir hin und wieder erst einmal beibringen, dass Lehrer gesiezt werden und nicht geduzt. Weil ihnen oft nicht beigebracht wird, wie man Erwachsenen gegenüber auftritt – auch sprachlich.

Sind Kinder in Frankreich gesellschaftsfähiger als in Deutschland?

BÄCHLE Eindeutig. Schauen wir zum Beispiel auf das Verhalten im Restaurant. In Frankreich gelingt es den Kindern, still dazusitzen und zu essen, in Deutschland laufen sie oft durch die Reihen und stören andere Gäste. Das Verhalten beim Essen lernen die Kinder in Frankreich ebenfalls in der Schule. In Deutschland wird bei jeder Gelegenheit gegessen und getrunken – auch das finden Sie so nicht in Frankreich.

Werden in Frankreich Kinder zu streng erzogen?

BÄCHLE Nein, ich sehe keinen strengen oder autoritären Erziehungsstil. Aber es gibt dort deutlich klarere Grenzen als bei uns, feste Regeln, die im Großen und Ganzen respektiert werden. Das hat nichts mit Strenge oder Gewalt in der Erziehung zu tun, sondern mit Vermittlung von Werten. In Deutschland geht das zunehmend verloren.

Frankreich will nun Eltern den Klaps auf den Po oder die Wange verbieten. Wie bewerten Sie das?

BÄCHLE Ein Verbot wäre nur folgerichtig. Man muss Kinder nicht prügeln, um ihnen bestimmte Verhaltensweisen beizubringen. Das weiß auch jeder in Frankreich. Und ein Verbot wird auch sicher nicht die Erziehungskonzepte kaputtmachen.

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