Hand in Hand zur Homo-Ehe"Ich bin für eine große Lösung"

Berlin. Es geht derzeit hektisch zu in der Union. Dank Karlsruhe. Nachdem das Bundesverfassungsgericht homosexuellen Paaren mehr Rechte bei Adoptionen eingeräumt hat und voraussichtlich auch noch vor der Sommerpause über die steuerliche Gleichstellung von Lebenspartnerschaften entscheiden will, laufen die Drähte heiß zwischen führenden Christdemokraten

 Homosexuelle Paare sollen den heterosexuellen gleichgestellt werden. Das findet jetzt auch die Union. Im Dezember hatte sie noch klar dagegen gestimmt. Foto: dpa

Homosexuelle Paare sollen den heterosexuellen gleichgestellt werden. Das findet jetzt auch die Union. Im Dezember hatte sie noch klar dagegen gestimmt. Foto: dpa

Berlin. Es geht derzeit hektisch zu in der Union. Dank Karlsruhe. Nachdem das Bundesverfassungsgericht homosexuellen Paaren mehr Rechte bei Adoptionen eingeräumt hat und voraussichtlich auch noch vor der Sommerpause über die steuerliche Gleichstellung von Lebenspartnerschaften entscheiden will, laufen die Drähte heiß zwischen führenden Christdemokraten. Seitdem wird darum gerungen, ob die CDU ihre wohl letzte konservative Bastion räumen soll oder nicht.

Dem Vernehmen nach hat Kanzlerin Angela Merkel am Dienstag beim Kabinettsfrühstück der Unionsminister die Richtung vorgegeben. Sie habe sich erbeten, das Thema bitteschön zunächst der Fraktion zu überlassen, hieß es gestern aus Regierungskreisen gegenüber unserer Zeitung. Außerdem habe es die Kanzlerin als klug erachtet, wenn sich nicht diejenigen äußerten, die ohnehin Befürworter einer Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe seien. Stattdessen müssten die Skeptiker jetzt neue Einsichten präsentieren, um in die Union positiv hineinzuwirken. Die Diskussion sei damit "von ganz oben" dirigiert worden, hieß es.

In der Tat melden sich derzeit jene besonders laut zu Wort, die einen Kurswechsel bei der Homo-Ehe lange Zeit skeptisch gegenübergestanden haben. Allen voran der CDU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder. Kauder, ein bekennender Christ, wollte bislang die Ehe von Mann und Frau nicht geschmälert sehen. Jetzt sagt er: "Es ist selbstverständlich, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt werden muss und umgesetzt werden wird." Dabei werde auch geprüft, ob daraus steuerrechtliche Konsequenzen resultierten. Von Kauder weiß man, dass er es überhaupt nicht mag, wenn Karlsruhe die Regierung antreibt. Also will er jetzt nicht nur die Adoptionen, sondern gleich die steuerlichen Fragen mitregeln, um die heikle Debatte möglichst noch vor der Sommerpause und der Bundestagswahl vom Tisch zu bekommen. Ins Visier gerät damit die Ausweitung des Ehegattensplittings. Nach Berechnungen des Finanzministeriums würde es den Staat 30 Millionen Euro kosten, wenn er die 23 000 Lebenspartnerschaften mit der Ehe steuerrechtlich gleichstellte. Zum Vergleich: Ehepaare sparen durch das sogenannte Ehegattensplitting rund 15 Milliarden Euro an Steuern. Vielleicht erfolgt bei der steuerrechtlichen Neuregelung aber auch die Umwandlung in ein Familiensplitting, wie es zum Beispiel CDU-Vize Julia Klöckner seit langem fordert. Das wäre dann die Förderung für Menschen mit Kindern.

Auf ihrem Parteitag im vergangenen Dezember hatte die CDU die steuerliche Gleichstellung der Homo-Ehe allerdings noch mit Zweidrittel-Mehrheit abgelehnt. Mehr Rechte für homosexuelle Paare sind für viele in der Union immer noch schwer verkraftbar - nachdem Merkel der Partei schon die Abschaffung der Wehrpflicht, den Ausstieg aus der Atomkraft oder ein Ja zu Lohnuntergrenzen zugemutet hat. Thomas Bareiß vom konservativen Berliner Kreis warnt deshalb: "Wenn wir unsere letzten Stammwähler verlieren wollen, müssen wir mit dieser Debatte nur so weitermachen." Auch die CSU hat bereits Widerstand angekündigt. Wobei Merkel vorerst gelassen bleiben kann: Die Kanzlerin hat schließlich die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts hinter sich.Foto: dpa

Frau Ministerin, bei der Union gibt es Bewegung bei der Gleichstellung homosexueller Paare. Was erwarten Sie davor?

Leutheusser-Schnarrenberger: Ich hoffe auf eine schnelle klare Haltung der Union, dann ist die Regierung auch schnell handlungsfähig. Es geht nicht nur um die Gleichstellung von lesbischen und schwulen Partnerschaften. Für die Union geht es um einen Kurswechsel hin zu einer modernen Gesellschaftspolitik. Diskussionen darüber hat es innerhalb der Union schon lange gegeben. Dass jetzt konkretes Handeln folgt, das ist auch für die Betroffenen ein überfälliger Schritt. Ich habe bereits 1994 in meiner ersten Amtszeit als Bundesjustizministerin den berüchtigten Straftatbestand 175 StGB abgeschafft, der homosexuelle Beziehungen von Männern kriminalisierte. Wenn die Union jetzt nach dem letzten Urteil aus Karlsruhe ihren bisherigen Widerstand gegen die volle Gleichstellung mit heterosexuellen Paaren aufgibt, wäre das ein gutes Signal für alle Interessierten. Diese Bundesregierung handelt und zögert nicht hinaus.

Man hat den Eindruck, die Regierung wird wieder vom Verfassungsgericht getrieben.

Leutheusser-Schnarrenberger: Die Bundesregierung besteht aus drei gleichberechtigten Partnern. Wir Liberale haben ein Gesellschaftsbild, nach dem jeder nach seiner Façon leben können soll. Und die Politik muss die Rahmenbedingungen dafür schaffen. Die FDP streitet seit Jahren für die volle Gleichstellung. CDU und CSU haben sich von der FDP immerhin sehr wichtige Schritte abringen lassen: im Beamtenrecht genauso wie im Steuerrecht. Das war mehr, als SPD und Union in der letzten Legislaturperiode hinbekommen haben. Und mit der Schaffung der Markus Hirschfeld Stiftung, die an verfolgte Homosexuelle in der NS-Zeit erinnert, haben wir einen einstimmigen Beschluss des Bundestages endlich umgesetzt.

Folgt nun ein großer Wurf bei der Gleichstellung?

Leutheusser-Schnarrenberger: Die FDP ist für eine große Lösung. Ich habe einen fertigen Gesetzentwurf in der Tasche, der die volle Gleichstellung bei der Adoption beinhaltet. Die anderen Bereiche, zum Beispiel das Einkommenssteuerrecht, können gesetzgebungstechnisch einfach angepasst werden.

Das heißt konkret?

Leutheusser-Schnarrenberger: Ich habe bereits vor Monaten mit meinem Gesetzentwurf dafür geworben, die so genannte Eingetragene Partnerschaft von den Benachteiligungen zu befreien. An diesen Entwurf kann man jetzt anknüpfen. Der Ansatz bietet eine Lösung für die Gleichstellung von Eingetragenen Partnerschaften: Die Lebenspartnerschaft wird überall dort einbezogen, wo im Gesetz von "Ehe" die Rede ist. Das ist das, was die Bürgerinnen und Bürger jetzt erwarten. Die konsequente Gleichstellung ist die richtige Schlussfolgerung, die wir aus dem Karlsruher Urteil ziehen sollten.

Am Rande

Auch die USA haben einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Zulassung der Homo-Ehe gemacht. "Unsere Reise wird nicht vollendet sein, bis unsere homosexuellen Brüder und Schwestern rechtlich wie alle anderen behandelt werden", hatte Präsident Barack Obama noch in seiner Antrittsrede zur zweiten Amtszeit versprochen. Und er hält Wort. Am Freitag bat die Regierung den Obersten Gerichtshof der USA offiziell, das gesetzliche Verbot der Ehe Homosexueller für ungültig zu erklären. Es verstoße "gegen die grundlegende in der Verfassung garantierte Gleichheit". Das Gesetz schreibt die Ehe als Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau fest und gewährt nur verheirateten heterosexuellen Paaren Vorteile in Bereichen Steuern, Krankenversicherung, Erbschaft.

Der Supreme Court will sich ab März mit der Frage der Zulässigkeit homosexueller Ehen befassen. Die Republikaner im US-Kongress sind gegen eine Änderung. afp

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