Hacker-Angriff versetzt Berlin in Unruhe

Berlin · Deutsche Behörden warnen seit langem vor Cyberattacken aus Russland. Jetzt haben Hacker wieder versucht, Politiker auszuspähen – auch im Saarland. Experten fürchten, dass es um Wahlbeeinflussung geht.

Dass Hacker-Angriffe politisch motiviert sein können, hat sich erst kürzlich wieder gezeigt. Da wurde Unangenehmes über US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton und ihre Demokratische Partei durch Späh-Attacken öffentlich. Sicherheitsexperten befürchten nun, dass so etwas in Deutschland auch passieren könnte, um die Bundestagswahl im Herbst 2017 zu beeinflussen. Auslöser sind Hacker-Angriffe aus dem Sommer, über die nach einem kürzlichen SZ-Bericht nun mehr bekannt geworden ist.

Demnach sollen Politiker und Mitarbeiter mehrerer Parteien im August E-Mails erhalten haben, die vermeintlich aus dem Nato-Hauptquartier stammten. Das berichten "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR. Darin habe sich ein Link befunden, über den Spähsoftware auf die betroffenen Rechner gelangt sei. Angeblich deutet der Fall erneut auf russische Hacker hin. Hintergrund der Recherchen war auch ein Bericht unserer Zeitung, die vor knapp zwei Wochen über eine Cyber-Attacke auf Politiker der Saar-CDU berichtet hatte. Auch dahinter vermutet die Polizei eine Hacker-Gruppe, die vom russischen Staat gesteuert wird.

Beim für solche Fälle zuständigen Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ist man überaus besorgt. "Russland hat sehr starke Cyberfähigkeiten aufgebaut", warnte kürzlich schon BSI-Präsident Arne Schönbohm. Dem Vernehmen nach soll sein Amt bereits die Parteien und Fraktionen über die aktuelle Welle von Cyber-Angriffen und mögliche Schutzmaßnahmen informiert haben.

Auch im Bundesinnenministerium weiß man um die Gefahr: Es sei "sehr wohl bekannt", so gestern ein Sprecher von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU ), dass erfolgreiche Cyberangriffe zu gesellschaftlichen, politischen und persönlichen Schädigungen führen können. "Diese Bedrohungslage ist uns bewusst."

Ende November soll deshalb die neue Cybersicherheitsstrategie der Bundesregierung endgültig verabschiedet werden. Geplant sind unter anderem schnelle Anti-Hacker-Eingreiftruppen, die bei schweren Attacken rund um die Uhr ausrücken und angegriffene Infrastruktur vor Ort untersuchen können.

Laut BSI wird das Datennetz der Bundesregierung rund 1,8 Millionen Mal pro Jahr attackiert. Aber auch Abgeordnete und der Bundestag sind Ziele. So stand zum Beispiel unlängst der Verdacht im Raum, dass die Handys von Mitgliedern des NSA-Untersuchungsausschusses angezapft worden seien; für besonders großes Aufsehen sorgte ein Hackerangriff auf den Bundestag im vergangenen Jahr. Auch hier war über russische Hintermänner gemutmaßt worden.

In Berlin ist man nun besorgt. Mit Blick auf die Bundestagswahl müssten auch die Parteien mehr in die IT-Sicherheit investieren, warnte der netzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion , Lars Klingbeil . Die Bedrohung durch IT-Kriminelle würde bislang zu sehr ignoriert, erklärten die Grünen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort