Grüner Punkt auf Abfall ist Mogelpackung

Berlin · Vor 23 Jahren wurde der Grüne Punkt mit großem Tamtam eingeführt. Die Müllmengen sollten sinken, mehr Rohstoffe wiederverwertet werden. Jetzt zeigt eine Studie: Das Gegenteil ist eingetreten. Und die Bürger schwächeln zusehends beim Abfall-Trennen.

Der Grüne Punkt für die Entsorgung von Verpackungen ist ein ökonomischer und ökologischer Misserfolg. Das zeigt eine gestern vorgestellte Analyse des Instituts für Abfall- und Umweltstudien in Jena. Demnach ging die Menge der Kunststoffverpackungen nicht wie erhofft zurück, sondern stieg um 25 Prozent an. Mit rund 20 Prozent werde zudem nur ein geringer Teil der Verpackungsabfälle wirklich recycelt, heißt es in der Analyse weiter. Der Rest werde verbrannt.

Das System des 1991 eingeführten Grünen Punkts habe zudem bei Bürgern und Unternehmen deutlich an Akzeptanz eingebüßt, erklärten die Experten. Immer mehr Firmen unterliefen die Pflicht zur Lizenzierung. Deshalb hätten inzwischen nur noch knapp die Hälfte (44 Prozent) aller Verpackungen einen Grünen Punkt. Die Deutschen wiederum trennten ihren Abfall weniger als noch vor zwei oder drei Jahren. Eine Umfrage des Forsa-Instituts zeigt zugleich: Jeder Dritte vermutet, dass immerhin rund die Hälfte der Abfälle aus gelber Tonne oder gelbem Sack wiederverwertet wird - nicht ahnend, dass die tatsächliche Recycling-Quote viel schlechter ist.

Der Grüne Punkt "hat nicht gehalten, was er versprochen hat", bilanzierte der Verfasser des Jenaer Gutachtens, Professor Heinz-Georg Baum. "Nach über 20 Jahren Verpackungsverordnung darf man annehmen, dass wir es nicht mehr mit Kinderkrankheiten zu tun haben", fügte er hinzu. Baum empfahl, die Verpackungsentsorgung wieder komplett auf die Kommunen zu übertragen. Seit 1991 sammeln, sortieren und verwerten private Entsorger die Verpackungsabfälle. Sie werden von Firmen wie dem Dualen System Deutschland (Grüner Punkt) beauftragt. Es sollte ursprünglich die Kommunen entlasten; inzwischen aber gilt das Recycling von Verpackungsabfällen auch als lukrativ. Kommunen und private Entsorger streiten daher seit Jahren um die Zugriffsrech te.

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