Grünen-Chefin eckt mit Polizei-Kritik an

Berlin/Saarbrücken · Gleich zu Beginn des Bundestags-Wahljahres haben die Parteien ihr Aufregerthema gefunden. Grünen-Chefin Simone Peter wirft der Kölner Polizei vor, sie habe Männer mit „nordafrikanischem Aussehen“ diskriminiert. Die Empörung ist groß – und Peter stellt danach etwas klar.

Grünen- Chefin Simone Peter hat sich kritisch zum Einsatz der Kölner Polizei bei den Silvesterfeierlichkeiten geäußert und damit nicht nur den geballten Zorn der Union auf sich gezogen. Auch die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckhardt, und andere Parteikollegen positionierten sich deutlich vorsichtiger als Peter. Die Saar-Grünen wiesen gar die "vorschnelle Kritik " der Bundesvorsitzenden zurück und lobten ausdrücklich die Arbeit der Kölner Polizei . "Die Polizei hat umsichtig gehandelt, wenn sie schnell und konsequent offenbar verabredete Gruppen an Gewaltausbrüchen gehindert hat", sagte der saarländische Bundestagsabgeordnete und Grünen-Generalsekretär Markus Tressel. "Wir halten es deshalb für falsch, vorschnell Kritik an der Arbeit der Polizei zu üben."

Peter ruderte derweil zurück. "Das Großaufgebot der Polizei in Köln und anderen Städten hat Gewalt und Übergriffe in der vergangenen Silvesternacht deutlich begrenzt", sagte Peter der "Rheinischen Post". Allerdings stelle sich die Frage nach der Verhältnis- und Rechtmäßigkeit, "wenn insgesamt knapp 1000 Personen alleine aufgrund ihres Aussehens überprüft und teilweise festgesetzt wurden". Völlig inakzeptabel sei der Gebrauch von herabwürdigenden Gruppenbezeichnungen wie "Nafris" für Nordafrikaner durch die Polizei , erklärte Peter. CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte, es sei kaum zu fassen, dass die Grünen das vorsorgliche und erfolgreiche Vorgehen der Kölner Polizei als rassistisch kritisierten. "Das ist absurd und entlarvt einmal mehr die grüne Multikulti-Schönfärberei und komplette Realitätsverweigerung", sagte Tauber der Funke Mediengruppe.

Nach den zahlreichen Übergriffen auf Frauen in Köln vor einem Jahr hatte die Polizei mit großem Personaleinsatz in der Domstadt verhindern wollen, dass sich Vergleichbares wiederholt. Die Verdächtigen und Verurteilten der furchtbaren Silvesternacht vom vergangenen Jahr waren überwiegend Nordafrikaner gewesen. Der Vorwurf, der erfolgreiche Einsatz zur Verhinderung von Gewalt, Diebstahl und sexuellen Übergriffen sei mit einem rassistischen "Profiling" verbunden gewesen, sei "eine absurde und geradezu verrückte Debatte", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel der Funke Mediengruppe.

Die Kölner Polizei hatte am Silvesterabend über Twitter mitgeteilt: "Am HBF werden derzeit mehrere Hundert Nafris überprüft. Infos folgen." Der Begriff "Nafri" wird im Polizeijargon intern für "nordafrikanische Intensivtäter" verwendet. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, dies sei "keine offizielle Sprachregelung oder ein offizieller Begriff, den wir verwenden würden". Der Kölner Polizeipräsident Jürgen Mathies hatte zuvor bereits eingeräumt, der Begriff sei "sehr unglücklich verwendet hier in der Situation".

Herr Lindner, es gibt Kritik an der Kölner Polizei wegen des Silvestereinsatzes. Teilen Sie die?

Lindner: Der Polizeipräsident hat die Wortwahl ins richtige Licht gerückt. Es war ein taktisch verkürzter Ausdruck, der da verwendet wurde. Wir sollten die Kirche im Dorf lassen und unserer Polizei lieber danken, dass sie die Lage unter Kontrolle hatte.

Haben Sie grundsätzlich Vertrauen in die Sicherheitsbehörden?

Lindner: Ich habe Vertrauen in unsere Polizeibeamten. Ich nehme aber auch wahr, dass sich die Beamten zunehmend über die eigene politische Führung beklagen. Wir brauchen keine Diskussion über schärfere Sicherheitsgesetze , sondern das geltende Recht muss durchgesetzt und die Handlungsfähigkeit der Polizei sichergestellt werden.

Warum hat man zuletzt zu solchen Themen so wenig von der FDP gehört?

Lindner: Der Eindruck täuscht.

Aber traditionell tun sich die Liberalen schwer mit mehr Sicherheit.

Lindner: Traditionell wollen die Freien Demokraten nur einen Staat, der die Freiheit der Bürger tatsächlich schützt und nicht symbolisch einschränkt, ohne etwas zu bewirken.

Was fordern Sie also?

Lindner: Wir sollten eine Kommission aus Experten und Praktikern einsetzen, die der Politik konkrete Vorschläge unterbreitet, was verbessert werden muss. Für mich steht ganz oben eine Straffung der Sicherheitsarchitektur. Denn nach dem Terror des NSU haben wir doch im Fall des Berliner Attentäters Amri wieder den Eindruck gewinnen müssen, dass die Zusammenarbeit zwischen den Behörden unterschiedlicher Ebenen nicht funktioniert hat.

Dieses Jahr müssen Sie Ihre Partei in den Bundestag hieven, sonst sind Sie weg vom Fenster, oder?

Lindner: Warum sollte ich mich mit dem Scheitern beschäftigen, wenn wir doch gerade erst dabei sind, den Wahlkampf aufzunehmen? Dass es uns gelungen ist, wieder ein politischer Faktor zu sein, motiviert mich. Es gibt in der Politik eine Leerstelle - für Vernunft, Verantwortung und für den Einsatz der Interessen der breiten Mitte. Wir sind der Ansprechpartner für Millionen Menschen, die die Sicherung ihrer Freiheit wollen, die gute Schulen und Straßen erwarten und in ihrem persönlichen Vorankommen nicht aufgehalten werden möchten.

Das ausführliche Interview lesen Sie auf www.saarbruecker-zeitung.de/berliner-buero

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