Großrazzia bei deutschen Handelsketten
Bonn. Der deutschen Lebensmittelbranche droht ein Kartell-Skandal noch ungeahnten Ausmaßes. Wegen des Verdachts auf illegale Preisabsprachen ließ das Bundeskartellamt gestern Geschäftsräume fast aller großen deutschen Handelsketten untersuchen. 56 Mitarbeiter der Behörde und 62 Polizeibeamte waren an der bundesweiten Großrazzia beteiligt, sie durchsuchten Büros und beschlagnahmten Daten
Bonn. Der deutschen Lebensmittelbranche droht ein Kartell-Skandal noch ungeahnten Ausmaßes. Wegen des Verdachts auf illegale Preisabsprachen ließ das Bundeskartellamt gestern Geschäftsräume fast aller großen deutschen Handelsketten untersuchen. 56 Mitarbeiter der Behörde und 62 Polizeibeamte waren an der bundesweiten Großrazzia beteiligt, sie durchsuchten Büros und beschlagnahmten Daten. "Es ist schon eine größere Sache", sagte ein Sprecher der Kartellamts. Experten gingen von einem Milliardenschaden zu Lasten der Verbraucher aus.Die Behörde geht dem Verdacht nach, dass sich Markenartikel-Hersteller mit Einzelhandelsfirmen bei Süßwaren, Kaffee und Tiernahrung über die Gestaltung der Verbraucherpreise abstimmten. Nach Angaben des Kartellamts könnten auch andere Produktgruppen betroffen sein. Die Razzia erfasste fast die gesamte Branche. Durchsuchungen räumten etwa die Rewe-Gruppe, Metro, Lidl, Edeka und die Tiernahrungskette Fressnapf ein. Die Behörde selbst nannte wie üblich keine Namen, sprach aber von 15 Firmen sowie einigen Herstellern von Markenartikeln des Konsumgüter-Bereichs. Zudem wurden Verfahren gegen weitere Handelsunternehmen schriftlich eingeleitet. Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels warnte vor einer Vorverurteilung der Konzerne. "Das ist ein laufendes Verfahren, bis zum Beweis des Gegenteils gilt die Unschuldsvermutung", sagte Verbandssprecherin Ulrike Hörchens. Auch das Kartellamt betonte, es handele sich um einen Anfangsverdacht.Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU, Foto: ddp) verurteilte grundsätzlich Preisabsprachen im Handel. Falls es solche illegalen Vereinbarungen gegeben habe, müsse geprüft werden, ob mögliche Kartellstrafen dem Verbraucherschutz zu Gute kommen könnten, sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Der Bundesverband der Verbraucherzentralen forderte, "abgezockte Verbraucher" zu entschädigen. "Bewahrheitet sich der Verdacht des Bundeskartellamts, erschüttert dies das Zutrauen der Verbraucher in die soziale Marktwirtschaft", sagte Verbandschef Gerd Billen. ddp/dpa/afp