Große Koalition plant großen Neustart

Berlin · Von einem holprigen Start der großen Koalition war schon die Rede, weil Union und SPD nicht sofort im Gleichschritt marschierten. Das soll sich jetzt ändern. Bei einer Klausur in Meseberg soll es den großen Auftakt für 2014 geben.

Angela Merkel hat Politik immer als eine Art Gruppenarbeit und sich selbst als Moderatorin begriffen. Jeden vortragen lassen, ein bisschen diskutieren, gemeinsame Ziele formulieren und dann weitersehen, so geht sie vor. Am liebsten in schöner, ruhiger Umgebung. Alle ihre bisherigen Koalitionen begann die Kanzlerin auf diese Weise. Und deshalb treffen sich auch die neuen Ministerinnen und Minister der großen Koalition ab heute im Gästehaus der Bundesregierung in Schloß Meseberg, rund 70 Kilometer nördlich von Berlin.

Die Klausur kommt gerade recht, denn der Start der großen Koalition war mühsam. Erst die langen Verhandlungen, vor Weihnachten dann schon manches Hickhack, noch ehe man richtig regiert hatte. Etwa um das von Justizminister Heiko Maas (SPD) verschobene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung oder die von der Union geforderten Ausnahmen beim Mindestlohn. Vor allem die Sozialdemokraten legten eine forsche Gangart ein. Gabriels schnelle Vorlage einer Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, Andrea Nahles' Renten-Entwurf, Frank-Walter Steinmeiers neue Akzente in der Außenpolitik.

Ziel der zwei Tage ist es zum einen, sich über die Schwerpunkte für dieses Jahr zu verständigen. Jeder Minister soll vortragen, dann wird diskutiert. Schon jetzt ist klar, dass einige Themen dabei längere Debatten erfordern werden. Darunter der Mindestlohn. Hier muss man sich auf ein Verfahren verständigen, wie die Ausnahmen gefunden werden sollen. Dass das Gesetz schnell kommen muss, ist klar, denn der Mindestlohn soll laut Koalitionsvertrag ab 2015 gelten. Länger reden wird man auch über das Rentenpaket; das sich bereits in der routinemäßigen Ressortabstimmung befindet. Allenfalls über die Finanzfragen wird man reden müssen, wegen des steigenden Steuerzuschusses zur Rentenversicherung. Allerdings ist der Haushalt 2014 ohnehin ein Schwerpunktthema. Erklärtes Ziel: Die verabredeten Reformen finanzieren, aber trotzdem ab 2015 keine neuen Schulden mehr machen. Insider sagen voraus, dass es an diesem Punkt die intensivsten Diskussionen geben könnte. "Es gibt Begehrlichkeiten von allen Seiten." Eine davon ist das reformierte Elterngeld inklusive "Elterngeld Plus", über das Familienministerin Manuela Schwesig referieren wird. Verglichen mit den Klausuren 2006, als ein 25-Milliarden-Konjunkturpaket beschlossen wurde, oder 2009, als man 20 Milliarden an Steuersenkungen verabschiedete, wird man beim Geldausgeben diesmal aber eher bescheiden sein.

Weiterer Schwerpunkt dürfte der Fortgang der Energiewende sein. Über das große Streitthema Maut wird auf der Klausur zwar geredet, aber noch nicht entschieden. Minister Alexander Dobrindt will erst später im Jahr seinen mit Spannung erwarteten Gesetzentwurf vorstellen, der die Quadratur des Kreises schaffen soll: die Deutschen nicht belasten und andere Europäer nicht diskriminieren. Dobrindt darf dafür aktuell erläutern, wie es mit dem stockenden Ausbau der Elektromobilität weitergehen soll. Bereits angekündigt als Vorhaben für 2014 sind außerdem die Mietpreisbremse und die Frauenquote in Unternehmensführungen. Auch andere aktuelle Themen werden entweder in großer Runde, beim Abendessen oder beim Glas Rotwein am Kamin diskutiert werden: vom Jobwechsel des Ex-Kanzleramtschefs Ronald Pofalla zur Bahn bis zu den Bundeswehreinsätzen in Afrika. Der Abend kann lang und lauschig werden; die meisten Minister übernachten in Meseberg, wo es bis morgen Mittag weitergeht.

Ein Signal der Geschlossenheit soll von der Klausur ausgehen, wünscht sich die Kanzlerin. Und auch das Bild von Harmonie zwischen den Kabinettsmitgliedern. Allerdings, ein solches Bild hat Merkel bisher noch bei jeder ihrer Koalitionsauftakt-Klausuren geschafft. Gehalten halt die Stimmung freilich nie lange.

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