Große Hoffnung – und am Ende viel Enttäuschung?

Die meisten Beobachter sind sich sicher: Nach der außerordentlichen Bischofssynode, die gestern eröffnet wurde, wird es vor allem Enttäuschungen geben. Zu verschieden sind die Positionen zu den Themen Familie, Ehe und Sexualität. SZ-Mitarbeiter Julius Müller-Meiningen hat zentrale Fragen beantwortet.

Was ist eine Synode?

Die Synode ist ein relativ junges Instrument in der Geschichte der katholischen Kirche, mit dem die Zusammenarbeit der Bischöfe mit dem Papst gestärkt werden soll. Erstmals fand eine Bischofssynode 1965 statt. Ihre Einrichtung geht auf das zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) zurück. Mit der Versammlung zu einem aktuellen Thema versucht der Papst, die Weltkirche in die Diskussion mit einzubeziehen.

Um was geht es diesmal genau?

Die Synode hat den umständlichen Titel "Die pastoralen Herausforderungen im Hinblick auf die Familie im Kontext der Evangelisierung". Dahinter steckt die Herausforderung: Wie positioniert sich die 2000 Jahre alte Kirche in der modernen Gesellschaft im Hinblick auf Themen wie Scheidung, Homosexualität oder Empfängnisverhütung?

Warum birgt die Synode soviel Sprengkraft?

Der katholischen Kirche laufen die Gläubigen weg. 2013 traten allein in Deutschland rund 178 000 Menschen aus. Das hat auch damit zu tun, dass viele Katholiken die Lehre der Kirche nicht mehr als zeitgemäß empfinden. Die Bischöfe diskutieren nun in Rom implizit auch über die Frage, ob sich die Kirche den Lebensverhältnissen der Gläubigen annähern oder weiterhin streng auf der Doktrin beharren soll.

Warum sind die Erwartungen an die Synode so hoch?

Papst Franziskus selbst hat die Erwartungen geschürt, indem er einen Fragebogen an die Ortskirchen und Bischofskonferenzen zum Thema verschicken ließ. Die Antworten zeigten, wie groß die Unterschiede zwischen katholischer Lehre und der Lebenswirklichkeit vieler Katholiken sind. Nicht wenige erwarten nun, dass die Kirche sich der Realität der Gläubigen annähert.

Ist diese Hoffnung berechtigt?

Eher nicht. Die Synode wird keine Änderung der Doktrin vorschlagen, sie gilt als unverhandelbar. Es wird auch keine grundsätzliche Öffnung der Kirche bei umstrittenen Themen wie Empfängnisverhütung oder Homoehe geben. Denkbar ist, dass die Bischöfe bei Einzelproblemen eine neue pastorale Praxis vorschlagen.

Könnte es Bewegung bei wiederverheirateten Geschiedenen geben?

Die Frage, ob sie künftig zur Kommunion zugelassen werden können, ist zu einem Symbol für die Synode geworden. Das Thema wurde öffentlich am meisten diskutiert. Bislang leben solche Katholiken in "Sünde". Eine Öffnung diesen Gläubigen gegenüber hätte Symbolcharakter.

Wie sind die Kräfteverhältnisse in der Synode?

Auf dem Papier haben diejenigen die Mehrheit, die den Status Quo beibehalten wollen. Die meisten, einflussreichen Chefs der Kurienbehörden gehören einer traditionellen Linie an. Franziskus hat ihr Übergewicht durch die Einladungen des emeritierten deutschen Kurienkardinals Walter Kasper oder die des belgischen Kardinals Godfried Daneels auszubalancieren versucht, der zum Beispiel der Homoehe aufgeschlossen gegenüber steht. Nicht absehbar ist, welche Meinung die ebenfalls eingeladenen Vorsitzenden der 114 Bischofskonferenzen zu den verschiedenen Fragen vertreten. Insgesamt gibt es 253 Teilnehmer.

Welche Verbindlichkeit haben die Ergebnisse der Synode?

Grundsätzlich keine. Die Bischöfe werden am Ende ein Dokument veröffentlichen, in dem sie die Diskussion zusammen fassen oder Empfehlungen geben. Über dieses Dokument muss per Mehrheit abgestimmt werden. Es ist also möglich, dass am Ende des Treffens keine konkreten Ergebnisse mitgeteilt werden. Das könnte zu Enttäuschungen bei vielen Katholiken führen. Der jetzigen außerordentlichen Synode folgt im Oktober 2015 eine ordentliche Versammlung zum selben Thema, die dann konkrete "Handlungslinien" vorgeben soll.

Was denkt der Papst?

Franziskus selbst hat sich inhaltlich nicht direkt geäußert. Aber allein die Tatsache, dass er vor der ordentlichen Synode eine außerordentliche zum selben Thema einberufen hat, ist ein Signal. Es ist kein Geheimnis, dass er etwa bei der Frage der wiederverheirateten Geschiedenen für eine neue pastorale Praxis unter dem Vorzeichen der "Barmherzigkeit" ist.

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