Große Gesten, wenig Worte

Berlin. Horst Seehofer ist ganz in der Rolle des erfahrenen Staatsmannes. Als der Rennfahrer Sebastian Vettel nicht genau weiß, wo er sich hinstellen soll, zieht er ihn am Hemdsärmel

 Horst Seehofer empfängt die Botschafterin von Burkina Faso, Marie Odile Bonkoungou Balima. Foto: Kumm/dpa

Horst Seehofer empfängt die Botschafterin von Burkina Faso, Marie Odile Bonkoungou Balima. Foto: Kumm/dpa

Berlin. Horst Seehofer ist ganz in der Rolle des erfahrenen Staatsmannes. Als der Rennfahrer Sebastian Vettel nicht genau weiß, wo er sich hinstellen soll, zieht er ihn am Hemdsärmel. Seehofer verleiht dem zweifachen Formel-1-Weltmeister am Freitag im Berliner Schloss Bellevue das Silberne Lorbeerblatt für herausragende sportliche Leistungen - es ist Seehofers erster Auftritt als amtierendes Staatsoberhaupt. Als derzeitiger Bundesratspräsident vertritt der bayerische Ministerpräsident den Bundespräsidenten, dessen Amt nach dem Rücktritt Christian Wulffs vakant ist. "Wir können alle miteinander sehr entspannt bleiben. Wir genießen die Zeit einfach", begrüßt der CSU-Chef den 24-jährigen Rennfahrer Vettel. Ob das sein Credo für die nur 30 Tage währende Amtszeit ist? Entspannt wirkt er bei seiner Premiere im Präsidentenamtssitz nicht.Seit Christian Wulffs Rücktritt vor einer Woche führt Seehofer als Bundesratspräsident kommissarisch die Amtsgeschäfte des Bundespräsidenten bis zur Wahl eines Nachfolgers am 18. März. Er ist der erste CSU-Politiker in der Geschichte der Bundesrepublik, der diesen Posten innehat.

Das Medieninteresse war am Freitag entsprechend groß. In schwarzem Anzug, gestreiftem Hemd und mit akkurat gekämmten Haaren steht Horst Seehofer am Rednerpult. Die Hände beinahe regungslos neben seinen Aufzeichnungen. Er redet ruhig, fast bedächtig - seine Augen kleben am Manuskript. Sogar Sätze wie "das ist wahrlich eine rasante Karriere" oder der - anscheinend unbewusst - verwendete Werbeslogan des Vettel-Arbeitgebers "verleiht Flügel fürs Leben" klingen etwas hölzern. Oder: präsidial zurückhaltend. Horst Seehofer lobt Sebastian Vettel: "Charakterstärke konnten Sie schon unter Beweis stellen. Trotz aller Erfolge sind Sie bodenständig geblieben. Und das schätze ich auch persönlich." Doch selbst bei der direkten Anrede des Spitzensportlers sucht Seehofer keinen Blickkontakt, zu sehr ist er auf die Zeilen seiner vorgefertigten Rede konzentriert.

Die Rolle an der Spitze des Staates scheint ihn zu beeindrucken: Kurz nach Vettels Besuch postet Seehofer zwei Bilder aus dem Schloss Bellevue bei Facebook - eines mit dem Jungstar und eines am Bundespräsidenten-Schreibtisch.

Im Langhans-Saal des Schlosses absolviert er kurze Zeit später den zweiten Termin des Tages. Mit militärischen Ehren und Orchester werden die neuen Botschafter aus Trinidad und Tobago, Burkina Faso, Niger und Bulgarien begrüßt. Nach dem Eintrag ins Gästebuch des Hauses nimmt Seehofer feierlich die Beglaubigungsschreiben der vier Botschafter entgegen. Nett lächeln, Händeschütteln - viel falsch machen kann er nicht. Doch er hat sich noch mal fein gemacht: Jetzt trägt der Präsidenten-Vertreter Frack.

Etwas Farbe bringt Burkina Fasos Botschafterin Marie Odile Bonnkoungou Balima in den Berliner Nieselregen. In ihrer grünen Landestracht steht sie Seehofer gegenüber. Später muss er ihr wohl erklären, dass eine Reise des Bundespräsidenten in ihr Land erneut ausfällt. Schon 2010 war ein solcher Besuch am Rücktritt des damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler gescheitert.

 Horst Seehofer empfängt die Botschafterin von Burkina Faso, Marie Odile Bonkoungou Balima. Foto: Kumm/dpa

Horst Seehofer empfängt die Botschafterin von Burkina Faso, Marie Odile Bonkoungou Balima. Foto: Kumm/dpa

Die Parteipolitik hat nun Pause. Schon beim Aschermittwoch hatte Seehofer ja mit Blick auf das neue Amt auf die übliche Hau-Drauf-Rhetorik verzichtet. 23 Tage kann er das Präsidentenamt noch genießen - oder muss es aushalten, ganz nach Sichtweise. Dann wird der neue Bundespräsident gewählt.

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