Große Einheits-Sause in Stuttgart

Stuttgart · Die zentrale Feier zum Tag der Deutschen Einheit findet diesmal in Stuttgart statt. Sie kostet rund drei Millionen Euro. Gastgeber Kretschmann hält den Einheitsprozess für nicht abgeschlossen.

2012 erzielte die Feier zum Tag der Deutschen Einheit vor allem durch Kurt Beck Aufmerksamkeit. Der damalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz zischte einem etwas penetranten Gast auf der Münchener Festmeile zu, er solle "mal das Maul halten". Auf solche Publicity könne man in Stuttgart gut verzichten, heißt es aus der baden-württembergischen Landesregierung. Planbar ist das freilich nicht. "Zusammen einzigartig" lautet das Motto zum 23. Tag der Deutschen Einheit. Aber nicht alle wollen feiern. Ein "Bündnis aus verschiedenen anarchistischen und kommunistischen Gruppen" organisiert Proteste. Der deutsche Nationalismus sei "kein Grund zu feiern", sagen sie.

Das sehen viele anders: Rund 400 000 Menschen werden zu der bundesweit zentralen Festmeile erwartet. Die Stuttgarter Innenstadt ist abgesperrt und voller Stände, Zelte und Bühnen. Bereits am heutigen Mittwoch geht das Bürgerfest los: Landesmutter Gerlinde Kretschmann kocht mit dem TV-Koch Vincent Klink auf der Marktplatz-Bühne, ihr Mann, Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), isst öffentlich Maultaschen, die ARD sendet live. Bürger hätten die Wende bewirkt, deshalb sei es "sehr angemessen", es auch in dieser Form zu feiern, sagt Ausrichter Kretschmann. Er tafelt heute Abend - am letzten Tag seiner Bundesratspräsidentschaft - mit den Spitzen der Verfassungsorgane und den anderen Länderchefs. Den Einheitsprozess hält Kretschmann für nicht abgeschlossen. Zwar befürwortet er die Ablösung des "Soli" durch ein System, das Geld "nach Bedarf und nicht nach Himmelsrichtung verteilt". Inzwischen habe eher der Westen bei der Infrastruktur Nachholbedarf. Allerdings sei es nicht gelungen, im Osten Deutschlands ausreichend Firmen anzusiedeln. "Es ist noch viel zu tun, um gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen." Deutschland müsse reformerisch ein "großes Rad drehen". Mit der Klage gegen den vergleichsweise kleinen Länderfinanzausgleich sei es nicht getan, argumentiert Kretschmann gegen Bayerns Regierungschef Horst Seehofer. Auch der "Soli" oder die Bundeszuweisungen etwa für Forschung oder die Krankenkassenfinanzierung müssten einbezogen werden. "Es geht um die gute politische Ordnung der Dinge."

Die zweitägige Feier kostet rund drei Millionen Euro. Baden-Württemberg kalkuliert für sich mit 2,2 Millionen Euro, Stuttgart hat knapp 400 000 Euro zugesagt, Sponsoren steuern mehr als 550 000 Euro bei. Die Bundesregierung präsentiert sich mit einem 1600 Quadratmeter großen Zelt beim Schloss, wo Erwin Teufel, Wolfgang Schäuble oder die SWR-Zeichentrickfiguren "Äffle und Pferdle" gastieren. Auch Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel wollen kommen.

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