Griechischer Eiertanz bei der Linken
Berlin · Die Linke setzt große Hoffnungen in die neue Regierung in Athen. Deshalb bringt die Abstimmung im Bundestag über neue Hilfen für Griechenland die Fraktion in Bedrängnis. Denn bisher war sie stets strikt gegen die Programme.
Mit einem klaren "Nein" hat die Linksfraktion im Bundestag bislang auf alle EU-Hilfsprogramme für Griechenland reagiert. Nun sorgen die neuen Machtverhältnisse in Athen für einen ideologischen Eiertanz: Die einen wollen solidarisch sein, die anderen radikal bleiben.
Rund eineinhalb Stunden nahm sich die Fraktion der Linken am Dienstagnachmittag Zeit, um über ihr Abstimmungsverhalten zur anstehenden Verlängerung des Kreditprogramms für Griechenland zu debattieren. Am Ende war man gespalten. Bei einem Probevotum stimmten 29 Abgeordnete mit "Ja". 13 übten Enthaltung. Vier lehnten ab, darunter die Radikal-Linke Sevim Dagdelen und die Trotzkistin Christine Buchholz. Fraktionsvize Sahra Wagenknecht sprach gestern trotzdem von einer "völlig einheitlichen Position" der Abgeordneten, zumindest was ihre Unterstützung der Tsipras-Regierung in Griechenland angehe.
Die Linke steckt in der Bredouille. Einerseits hat man sämtliche EU-Hilfen wegen der damit verbundenen Sparauflagen für Athen bislang immer verdammt. Andererseits sieht sie im neuen Regierungschef Alexis Tsipras einen großen politischen Hoffnungsträger, der auch Vorbild für einen Linksruck in anderen EU-Ländern wie zum Beispiel Spanien sein könnte. Bereits vor drei Jahren hatte sich Fraktionschef Gregor Gysi mit Tsipras in Berlin getroffen. Um der Begegnung öffentliche Beachtung zu verschaffen, gingen beide damals sogar vor die Bundespressekonferenz. Der Termin stand unter der Überschrift: "Griechenland mahnt - Austeritätsprogramme sind kein Ausweg aus der Krise".
Nun hat die neue Tsipras-Regierung in den letzten Tagen und Wochen alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Sparbedingungen für ihr hoch verschuldetes Land zu lockern. Aber der Erfolg ist gelinde gesagt bescheiden. Die nach langem Hin und Her verabredete Verlängerung des laufenden Hilfsprogramms war nur mit Reformauflagen zu haben, die zentralen Wahlversprechen von Tsipras und seinem Linksbündnis Syriza zuwiderlaufen. Daraus machte gestern auch Wagenknecht keinen Hehl: Es sei schon problematisch, wie der Regierung in Athen durch die EU "Handlungsspielräume abgeschnürt" würden. Tsipras selbst zeichnet allerdings ein rosigeres Bild der jüngsten Verhandlungsergebnisse mit Brüssel. Und dieses Bild soll möglichst auch die Linke in Deutschland nach außen tragen. Dem Vernehmen nach gab es mehrere Mails aus der Syriza-Zentrale an Gysi und andere prominente Abgeordnete der Linksfraktion, in denen für eine Zustimmung zur Verlängerung des Hilfsprogramms morgen im Bundestag geworben wurde.
Ein einheitliches Votum ist trotzdem nicht zu erwarten. Auch wenn Gysi seine Genossen auf einer weiteren Fraktionssitzung unmittelbar vor der Abstimmung noch einmal ins Gebet nehmen will. Wegen des Lobes der Troika-Politik im Regierungsantrag könne sie nicht mit "Ja" votieren, meinte Wagenknecht. Sie will sich der Stimme enthalten. Und das sei auch "keine Tragik", erklärte die Gysi-Stellvertreterin.