Griechenlands letzte Hoffnung: Staatspräsident Papoulias

Athen. Griechenland versinkt langsam im Treibsand des Regierungschaos, und seine Politiker versuchen, sich gegenseitig die Schuld für das zuzuschieben, was folgen wird. "Es gibt einen Hoffnungsschimmer", meinte am Freitag die angesehene Athener Zeitung "Kathimerini". Der sei aber noch sehr schwach

Athen. Griechenland versinkt langsam im Treibsand des Regierungschaos, und seine Politiker versuchen, sich gegenseitig die Schuld für das zuzuschieben, was folgen wird. "Es gibt einen Hoffnungsschimmer", meinte am Freitag die angesehene Athener Zeitung "Kathimerini". Der sei aber noch sehr schwach. Einen Keim der Hoffnung immerhin gab es - knapp eine Woche nach der vorgezogenen Parlamentswahl.Die Sozialisten mit 41 Abgeordneten wurden sich mit der kleinen Demokratischen Linken mit 19 Abgeordneten darüber einig, dass das Land unter zwei Voraussetzungen regiert werden könne: Verbleib im Euroland und Lockerung des rigiden Sparprogramms. Am Freitag schlossen sich auch die Konservativen mit 108 Mandaten an. Rein rechnerisch könnten diese drei Kräfte bequem das Land regieren - mit einer Mehrheit von 168 Sitzen im 300 Abgeordnete zählenden Parlament.

"Denkste", hieß es in einem Radiokommentar. Die Bildung einer Regierung "ist und wird nicht so leicht sein". Der Chef der kleinen linken Partei, Fotis Kouvelis, ist nicht bereit, politischen Selbstmord zu begehen und im Alleingang mit den Konservativen und den Sozialisten eine Regierung zu bilden. "Ich werde nur mitmachen, wenn auch das Bündnis der Radikalen Linken dabei ist", stellte er am Freitagmorgen nochmals im Fernsehen klar.

Kouvelis weiß, wovon er spricht. Ihm würden die Wähler in Scharen davonlaufen, wenn er mit den Hauptverantwortlichen für Korruption und Vetternwirtschaft kooperieren würde. Er will unbedingt auch seine Schwesterpartei, die Radikallinken, mit im Boot haben.

Doch die Radikallinken und ihr Chef Alexis Tsipras wollen in der Opposition bleiben, sich zurücklehnen und weiterhin bequem die Früchte des Frustes der Bürger über das Sparprogramm in Form von neuen Stimmen ernten. Am Freitagabend schlugen sie eine Regierungsbeteiligung definitiv aus. Neuwahlen kämen ihnen gerade recht. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass sie dann stärkste Partei werden könnten - mit vielen Stimmen aus der Mittelschicht und der Arbeiterklasse, denen die harte Sparpolitik das Leben zur Hölle gemacht hat.

Einer Regierung, in der sie nicht vertreten wären, könnten die Radikallinken mit endlosen Demonstrationen das Leben zur Hölle machen. Genau darauf setzen auch Faschisten und gewaltbereite Autonome, um das Land in den Abgrund zu stürzen. Die Faschisten, "Neonazis", wie sie der Chef der Konservativen, Antonis Samaras, am Freitag nannte, sind bereits im Parlament. Die Hitler-Verehrer der Goldenen Morgenröte (Crysi Avgi) entsenden nach der Wahl am Sonntag 21 Abgeordnete ins neue griechische Parlament.

Die Radikallinken ihrerseits tun alles, um nicht in die Pflicht genommen zu werden. "Europa ja, aber das Sparprogramm muss sofort eingefroren werden", sagen sie bei jeder Gelegenheit. Auf die Frage, was wäre, wenn die Geldgeber den Geldhahn zudrehen, antworten sie: "Wir werden die Reichen besteuern" und "Niemand kann uns aus dem Euro rausschmeißen". Ohne ein Einfrieren des Sparprogramms "keine Kooperation".

Die letzte Hoffnung ruht nun auf dem Staatspräsidenten Karolos Papoulias. Nach einem möglichen Scheitern aller Sondierungsgespräche wird er - spätestens Montag - eine Sitzung aller Parteivorsitzenden einberufen. Foto: Gouliamaki/afp

Hintergrund

Ist ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone gegebenenfalls möglich? Rechtliche Grundlage: Auch wenn die Rufe nach einem Austritt immer lauter werden und sogar die Europäische Zentralbank (EZB) erstmals das Austrittsszenario anspricht, ist ein Rauswurf aus der Eurozone durch die anderen Mitgliedsländer nicht möglich. Das sehen die EU-Verträge nicht vor. Allerdings könnte Griechenland von sich aus erklären, sich vom Euro zu verabschieden. Folgen für Griechenland: Mit großer Wahrscheinlichkeit würde das den kompletten wirtschaftlichen Zusammenbruch des Krisenlandes bedeuten. Ohne Euro müsste Griechenland wieder eine eigene Währung einführen, etwa die alte Drachme, die vermutlich drastisch abgewertet würde. Athen würde als Folge aber international wettbewerbsfähiger, weil griechische Produkte im Ausland billiger wären. Schwerwiegender wäre aber, dass zugleich die in Euro aufgenommenen Altschulden infolge der Abwertung der neuen eigenen Währung drastisch steigen würden. dpa

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