Glos macht sich los

Berlin. Innerhalb der Union und der Bundesregierung liefen gestern bis spät am Abend die Drähte heiß. Am Ende einigten sich Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer auf die Ablösung des Ministers.Er hat alle kalt erwischt, vor allem aber CSU-Chef Horst Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)

Berlin. Innerhalb der Union und der Bundesregierung liefen gestern bis spät am Abend die Drähte heiß. Am Ende einigten sich Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer auf die Ablösung des Ministers.Er hat alle kalt erwischt, vor allem aber CSU-Chef Horst Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Offenbar im Alleingang wollte der Bundeswirtschaftsminister sein Amt hinwerfen. Aber nicht, indem er einfach seinen Rücktritt erklärte, sondern indem er per Brief an Seehofer und nicht an Merkel um Entlassung bat. Ein beispielloser Vorgang. Wie aus Unionskreisen gestern verlautete, muss sich bei Glos viel Groll aufgestaut haben. Zwar gilt der glücklose Minister schon lange als amtsmüde. In der Unionsspitze wird aber versichert, es habe keinen Druck auf Glos gegeben, sein Amt aufzugeben. Etwas anderes hat daher wohl das Fass zum Überlaufen gebracht: das gestörte Verhältnis von Glos zu Seehofer. Intern hat der CSU-Vorsitzende häufig die kaum sichtbare Rolle des Wirtschaftsministers in der Krise beklagt. Das blieb dem 64-jährigen Glos nicht verborgen. "Schlaftablette auf zwei Beinen" und "Problembär" wurde er deshalb von der Opposition im Bundestag verhöhnt. Glos, so wird kolportiert, habe sich am Ende von Seehofer massiv gemobbt gefühlt. Aus der Erkenntnis heraus, der Parteichef wolle ihn spätestens nach der Bundestagswahl fallen lassen, soll er versucht haben, Seehofer zuvorzukommen und ihn zugleich mit dem Brief zu desavouieren. Zumal Glos augenscheinlich "durchgesteckt" worden ist, dass der CSU-Vorsitzende schon nach einem Nachfolger suche und diesbezüglich auch bei Merkel vorstellig geworden sein soll. Seehofer, heißt es, habe dem bayerischen Unternehmer und CSU-Schatzmeister Thomas Bauer ein hohes Partei- oder Regierungsamt angeboten. Bauer bekundete gestern auch prompt grundsätzliches Interesse an einer Glos-Nachfolge. Als Nachfolger galten aber auch CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer, der schnell ablehnte, Bayerns Umweltminister Markus Söder oder die Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, Dagmar Wöhrl. Am Abend wurde mitgeteilt, dass CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg, das Wirtschaftsministerium übernehmen werde. Von Kanzlerin enttäuschtMenschen aus Glos' Umfeld berichten schon länger, dass Glos seit seinem Amtsantritt 2005 dünnhäutiger geworden sei. Die ständige Häme in der Presse und in den eigenen Reihen haben Spuren hinterlassen. Deswegen machte Glos in letzter Zeit auch öffentlich keinen Hehl mehr daraus, dass er das Amt nie gewollt habe. Dass er mit seinem Vorgehen auch die Kanzlerin beschädigt, muss ihm bewusst gewesen sein. In Berlin ist bekannt, wie sehr der Minister auch mit Merkel hadert und von ihr enttäuscht ist. Obwohl er ihr über Jahre den Rücken freigehalten hat, wurde er mit Beginn der Finanzkrise von der Kanzlerin in eine Statistenrolle gedrängt, während Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) die zweite Hauptrolle bekam. Dass Seehofer und Merkel nun vorerst Glos Rücktrittsgesuch abgelehnt haben, macht das Chaos nicht kleiner. Denn wenn ausgerechnet inmitten der größten Wirtschaftskrise aller Zeiten der Wirtschaftsminister sein Amt hinwerfen will, ist das keine Kleinigkeit. .

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