Glaeseker weiß von nichts

Hannover · Die Abrechnung bleibt aus: Christian Wulffs früherer Sprecher Olaf Glaeseker liefert als Zeuge vor Gericht nichts Belastendes gegen seinen ehemaligen Chef. Eine andere Zeugin dagegen bringt heikle Details ans Licht.

Christian Wulff wird viel Geduld abverlangt. Das gilt für die Wochen seit der Eröffnung seines Korruptionsprozesses am Landgericht Hannover ebenso wie für den gestrigen Zeugenauftritt seines einstigen Sprechers Olaf Glaeseker.

Doch so groß die Spannung vor der Vernehmung war, am Ende kann sich der frühere Bundespräsident nicht beschweren. Obwohl sich die Wege der Männer Ende 2011 mit der Entlassung Glaesekers im Streit trennten, bleibt eine Abrechnung von Wulffs einstigem Vertrauten aus: Unter Berufung auf viele Erinnerungslücken liefert Glaeseker allenfalls Informationen, die die Strategie der Verteidigung unterstützen.

Weder die Umstände des Oktoberfestbesuchs von Wulff im Jahr 2008 noch Details rund um das Filmprojekt John Rabe des mitangeklagten David Groenewold seien ihm noch in Gedächtnis, sagte Glaeseker gestern vor dem Landgericht Hannover. "Daran kann ich mich nicht erinnern", erklärte er mehrfach auf Fragen der Staatsanwaltschaft.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sich Wulff von Groenewold einen Teil der Kosten für Hotel und Essen rund um einen Oktoberfestbesuch im Jahr 2008 in München bezahlen ließ. Im Gegenzug soll er für dessen Filmprojekt bei der Siemens-Spitze geworben haben. Die beiden Männer stehen gemeinsam vor Gericht.

Glaeseker selbst hatte seine Teilnahme an der umstrittenen München-Reise mit seinem Chef damals wegen einer Erkrankung kurzfristig abgesagt. "Das hätte ich dienstlich abgerechnet", sagte der ehemalige niedersächsische Regierungssprecher. "Bundespresseball, Bambi, Oktoberfest - das gehört für mich alles zum Kerngeschäft." Er selbst könne sich nicht entsinnen, nachträglich mit Wulff über den Wiesn-Besuch gesprochen zu haben. Als der Besuch im Januar 2012 in den Medien thematisiert und damit für Wulff zum Problem wurde, hatte dieser Glaeseker schon entlassen.

Glaeseker bestätigte vor Gericht das enge Verhältnis zwischen Wulff und Groenewold. "Sie sind freundschaftlich miteinander verbunden." Die beiden Männer hätten privat viel Zeit miteinander verbracht. Wulff und Groenewold bestreiten die Korruptionsvorwürfe und erklären die Wiesn-Einladung mit ihrer persönlichen Freundschaft.

Mit beiden Angeklagten war Glaeseker nach eigener Aussage selbst freundschaftlich verbunden. "Das war ein weit über das Dienstverhältnis hinausgehendes Verhältnis", beschrieb er seine Beziehung zu Wulff. Glaeseker bezeichnete Groenewold als "kreativen Genialiker" und "lieben Menschen mit großem Herzen, der auch zu großer Freundschaft fähig ist". Der Filmfinancier sei allgemein sehr großzügig. "Es gab einen Wettlauf, wer zuerst an der Kasse ist", berichtete Glaeseker von gemeinsamen Abendessen.

Die frühere Assistentin Groenewolds hatte zuvor als erste Zeugin der Darstellung der Verteidigung widersprochen. Die 63-jährige Frau sagte aus, dass der Filmfinancier Wulff um Hilfe bei der Vermarktung eines Films gebeten habe. Wirtschaftliche Probleme seiner Firma hätten ihn 2008 zu diesem Schritt veranlasst. "Der Brief war überlebenswichtig", betonte die Bürokauffrau. Groenewold habe sie persönlich damit beauftragt. "Es war eine wichtige Sache, er hätte mir den Kopf abgerissen, wenn ich es nicht gemacht hätte."

Alle Bemühungen von Groenewolds Firma um finanzielle Unterstützung durch Siemens für die Vermarktung des Films John Rabe seien abgelehnt worden. Deshalb habe Groenewold große Hoffnungen auf Wulffs Hilfe gesetzt, so die Zeugin. Die Verteidigung dagegen hatte ursprünglich erklärt, der Bittbrief sei zwar geschrieben, aber nie an Wulff versandt worden. "Die Situation war in keinster Weise finanziell angespannt wegen John Rabe", widersprach Groenewold gestern auch der Aussage seiner früheren Angestellten.

Am 6. Februar will das Gericht zu weiteren offenen Beweisanträgen der Staatsanwaltschaft Stellung nehmen. Falls keine weiteren Zeugen gehört werden, könnte nach Vorstellung von Richter Frank Rosenow am 20. Februar die Beweisaufnahme geschlossen und plädiert werden. Dann könnte das Urteil am 27. Februar fallen.

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