Atlas der Arbeit Gewerkschaft warnt vor Sklaverei in Deutschland
Berlin/Saarbrücken · Der Arbeitsmarkt in Deutschland boomt. Doch die Gewerkschaft sieht Schattenseiten – bis hin zur Skalverei.
(dpa/vet/ine) Noch nie hatten so viele Menschen in Deutschland eine berufliche Beschäftigung wie heute. Gewerkschaftsvertreter haben aber nun trotz positiver Gesamtzahlen auf wachsende Probleme für einzelne Gruppen hingewiesen. Sie sehen sogar ein wachsendes Risiko für Formen der Sklaverei in Deutschland – vor allem durch Menschenhandel.
„Sklaverei in einem modernen, erweiterten Sinne existiert auch hierzulande“, heißt es im „Atlas der Arbeit“, den der DGB und die ihm nahestehende Hans-Böckler-Stiftung gestern in Berlin vorstellten. Als Beispiel nennen sie Zwangsprostitution mit Freiheitsberaubung und sexueller Ausbeutung. „Deutschland ist ein Glied in der Kette des Menschenhandels, der auf sexuelle Ausbeutung abzielt. Vor allem aus Bulgarien, Rumänien und Nigeria stammen Frauen, die in Bordellen und Wohnungen als Sexarbeiterinnen arbeiten müssen“, heißt es in dem Bericht. Er zitiert aber auch Daten, nach denen das Risiko für Eingewanderte zunimmt, in Deutschland Opfer von Arbeitsknechtschaft und Menschenschmuggel zu werden. Dies sei für ihn die überraschendste Erkenntnis aus dem rund 60-seitigen Atlas gewesen, sagte Stiftungs-Chef Michael Guggemos.
Auch jenseits dieser extremen Entwicklung sieht der Bericht Schatten in der deutschen Arbeitswelt. Das Normalarbeitsverhältnis mit unbefristeter Vollzeitstelle gelte zwar für fast zwei Drittel der arbeitenden Frauen und drei Viertel der beschäftigten Männer. Aber die Anteile gingen seit 1991 um zehn und sieben Prozent zurück – zu Gunsten von Minijobs, befristeten Arbeitsverhältnissen, Leiharbeit und Teilzeit. Heute erhielten 44 Prozent der neu Eingestellten nur noch befristete Verträge. Rund 1,2 Millionen Beschäftigte verdienten so wenig, dass sie mit Hartz IV aufstocken müssen.
Saar-DGB-Chef Eugen Roth lobte mit Blick auf das Saarland den „kräftigen Anstieg der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten“ und die Förderung des sozialen Arbeitsmarkts. Bei Dienstleistungen liege man aber „weit vorne bei allen atypischen und prekären Verhältnissen“.