Insolvenz Germania bleibt am Boden, die anderen cool

Berlin · Die nächste deutsche Fluglinie meldet Insolvenz an. Doch anders als bei Air Berlin löst das im Umfeld nur geringe Turbulenzen aus.

 Germania-Flieger stehen still: Die Berliner Airline hat ihren Flugbetrieb eingestellt und einen Insolvenzantrag gestellt. Betroffen sind rund 1700 Mitarbeiter – und hunderte Reisende.

Germania-Flieger stehen still: Die Berliner Airline hat ihren Flugbetrieb eingestellt und einen Insolvenzantrag gestellt. Betroffen sind rund 1700 Mitarbeiter – und hunderte Reisende.

Foto: dpa/Monika Skolimowska

Ein gutes Jahr nach der Pleite von Air Berlin hat es nun auch die kleine Fluggesellschaft Germania erwischt. Die Insolvenz der Airline löst allerdings nicht annähernd vergleichbare Schockwellen aus. „Lufthansa will die Germania nicht übernehmen“, erklärt der Marktführer am Tag der Pleite in Frankfurt knapp. Das Hauen und Stechen der Konkurrenz um Unternehmensteile und Verkehrsrechte bleibt wohl aus, dafür müssen aber die Beschäftigten und die betroffenen Flughäfen große Probleme bewältigen.

„Wir haben immer noch einen brutalen Preiskampf“, nennt der Luftfahrtexperte Gerald Wissel von der Beratungsgesellschaft Air­borne den wichtigsten Grund für die Insolvenz, über die das Unternehmen mit Sitz in Berlin in der Nacht zu Dienstag informierte. „Die Preise sind am untersten Rand und die Kleinen können kaum noch mithalten.“ Der Druck komme von oben und unten, denn neben den großen Anbietern wie Ryanair und Easyjet sind auch zahlreiche kleine Chartergesellschaften aus Südosteuropa und Nordafrika als Preisbrecher unterwegs. Zu viel für Germania.

Für den kommenden Sommer seien die Veranstalter nicht auf die Germania angewiesen, meint Wissel und beruhigt damit auch die Pauschaltouristen. „Die Veranstalter werden leicht Ersatz finden.“ Tui-Touristikchef Stefan Baumert versichert: „Wir können unseren Kunden versichern, dass wir alles Notwendige tun, um ihren Flug sicherzustellen.“ Verschiedene Airlines boten akut betroffenen Passagieren verbilligte Tickets an.

Düster sieht es indes für Teile des Germania-Personals aus, das bislang schon nicht auf Rosen gebettet war. Nach Angaben des vorläufigen Insolvenzverwalters hat Germania in den drei von der Pleite betroffenen Unternehmensteilen 1678 Beschäftigte (zum Vergleich: bei Air Berlin waren es rund 8000). Laut Verdi gab es bei Germania keine Tarifverträge und Betriebsräte, man sei im Insolvenzverfahren nicht involviert. Etliche Crews sollen sich bereits bei Ryanair beworben haben, sagte deren Chef Michael O‘Leary. Für das technische Personal dürfte es indes ähnlich schwierig werden wie damals bei Air Berlin. Anders als bei Air Berlin sieht die Bundesregierung derweil keinen Anlass für Staatshilfen für Germania. „Das ist ein Anwendungsfall von Marktwirtschaft“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).

Hart von der Pleite getroffen sind vor allem kleinere Flughäfen wie Rostock-Laage, Friedrichshafen, Münster/Osnabrück oder Erfurt. Die übrigen Fluggesellschaften werden sich die frei werdenden Strecken genau anschauen und manche Gelegenheit nutzen, sagt ein Tuifly-Sprecher. Einen erbitterten Kampf um Slots und Maschinen erwartet hingegen niemand, denn an den Regional-Flughäfen herrscht kein Mangel an Start- und Landezeiten. Einzige Ausnahme könnten die Zeitfenster am umkämpften Flughafen Düsseldorf sein.

Germania hat sich nach Ansicht von Experten schlicht verhoben. Noch Mitte 2016 hatte Germania-Chef Karsten Balke auf der Luftfahrtmesse im britischen Farnborough zum Flugzeug-Großeinkauf geblasen. Damals – gut ein Jahr vor der Pleite von Air Berlin – orderte er 25 Exemplare des modernisierten Airbus A320neo samt Kaufoptionen für weitere 15 Maschinen. Ab 2020 sollten die neuen Jets mit ihrem geringeren Spritverbrauch Germania zukunftsfähig machen. Allein die Festbestellung summierte sich auf rund 2,6 Milliarden US-Dollar, abzüglich Rabatten. Viel Geld für eine Fluggesellschaft, die laut Handelsregister bereits in diesen Jahren rote Zahlen schrieb. So brachte die schon 2018 begonnene Umstellung auf eine reine Airbus-Flotte die Germania ins Trudeln. Um den Jahreswechsel drohte das Geld bereits auszugehen. Gestern dann erklärte Balke, es sei nicht gelungen, „Finanzierungsbemühungen zur Deckung eines kurzzeitigen Liquiditätsbedarfs erfolgreich zum Abschluss zu bringen“. Er bedauerte, dass „keine andere Möglichkeit als die der Insolvenzantragstellung blieb“.

Hersteller Airbus scheint das Aus der Germania auch kaum zu sorgen. „Es befindet sich noch kein Flugzeug aus der Bestellung in der Produktion“, sagte ein Sprecher. Der Pendeldienst für Airbus-Mitarbeiter zwischen den Werken in Hamburg und Toulouse, den bisher Germania flog, wird einfach neu besetzt. Es geht weiter. Auch ohne Germania.

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