Geringverdiener profitieren kaum vom Aufschwung

Berlin. Niedrigverdiener sind die größten Verlierer des wirtschaftlichen Aufschwungs. Während ihre Netto-Einkommen in den vergangenen zehn Jahren real um bis zu 22 Prozent schrumpften, verbuchte die Gruppe mit überdurchschnittlich hohem Verdienst ein leichtes Plus von rund einem Prozent. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW)

Berlin. Niedrigverdiener sind die größten Verlierer des wirtschaftlichen Aufschwungs. Während ihre Netto-Einkommen in den vergangenen zehn Jahren real um bis zu 22 Prozent schrumpften, verbuchte die Gruppe mit überdurchschnittlich hohem Verdienst ein leichtes Plus von rund einem Prozent. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).Um Gewinner und Verlierer zu bestimmen, teilte das Institut die Beschäftigten in zehn Einkommensgruppen ein. Bei den untersten zehn Prozent sanken die realen Netto-Einkünfte binnen zehn Jahren demnach von monatlich 270 Euro auf nur noch 211 Euro. Auch Geringverdiener mit Vollzeit-Job erlitten in diesem Zeitraum deutliche Einbußen: Der Netto-Verdienst ging um 130 auf 705 Euro zurück. In der höchsten untersuchten Einkommensgruppe gab es dagegen einen minimalen Zuwachs um 27 auf 3446 Euro. Bezogen auf alle Einkommensgruppen gingen das monatliche Netto um durchschnittlich 2,5 Prozent zurück. Für die Studie wurden jedes Jahr mehrere tausend Personen nach ihren Lebensumständen befragt.

Nach Einschätzung von DIW-Forscher Markus Grabka (Foto: DIW) liegt die Ursache dieser Entwicklung im drastischen Anstieg von Leiharbeit und Mini-Jobs. Sie führten zu einer massiven Ausweitung des Niedriglohn-Sektors. "Wenn von 40 Millionen Beschäftigten sieben Millionen Mini-Jobber sind, dann ist etwas aus dem Ruder gelaufen", sagte Grabka. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts entstanden allein im Vorjahr 57 Prozent der neuen Stellen im Bereich der Zeitarbeit.

Eine Trendwende zu besseren Verdiensten im Niedriglohn-Sektor ist nach Grabkas Ansicht auch durch den zunehmenden Arbeitskräftemangel nicht in Sicht. Von dieser Entwicklung profitiere lediglich "die obere Hälfte der Einkommensbezieher, vor allem Fachkräfte", sagte er zur SZ. Reinhard Bispinck von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung verwies auf die geringe Tarifbindung im Niedriglohnbereich. Während bundesweit etwa 60 Prozent aller Beschäftigten nach einem ordentlichen Tarifvertrag entlohnt würden, seien es bei den Niedriglöhnern nur etwa 30 bis 35 Prozent.

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