Genug Gemeinsamkeiten

Wunder waren nicht zu erwarten von diesem ersten 42-Augen-Gespräch zwischen Union und SPD. Ein vorsichtiges Abtasten, ein allgemeiner Diskurs und eine Verabredung für ein weiteres Sondierungstreffen.

Dabei sind die politischen Differenzen von Schwarz und Rot eigentlich viel kleiner, als es die offiziellen Bewertungen ihrer Akteure im Anschluss an das Treffen glauben machen könnten.

Ein flächendeckender Mindestlohn? Strittig ist nur die Anfangshöhe, alles Weitere wollen beide Seiten einer politisch unabhängigen Expertenkommission überlassen. Euro-Krise? Wann immer es in der Vergangenheit zum Schwur kam, ist die SPD auf Unionslinie eingeschwenkt. Steuererhöhungen? Den Genossen dämmert mittlerweile, dass ihre Forderung kein Selbstzweck sein kann, sondern von Art und Umfang der ausgehandelten Koalitionsvorhaben abhängig ist, die am Ende ja irgendwie finanziert werden müssen.

Jenseits harter Ideologie und öffentlich aufgeladener Symbolik dürfte der Vorrat an politischen Gemeinsamkeiten für die kommenden vier Jahre also völlig ausreichen. Doch wäre das auch parteipolitisch der Fall? Hier sind Zweifel angebracht. Ihr Wahldesaster nach der großen Koalition zwischen 2005 und 2009 steckt den Genossen immer noch tief in den Knochen. Für CDU und CSU kann das nur bedeuten, das Treffen mit den Grünen nicht als lästige Pflichtübung zu betrachten, sondern die schwarz-grüne Option ernsthaft auszuloten. Natürlich wäre eine solche Regierung ein großes Wagnis. Aber für ein schwarz-rotes Gedeihen gibt es genauso wenig eine Vier-Jahres-Garantie.

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