Gedankenspiele im Hintergrund

Berlin · Es hakt. Bei der Energiewende, beim Steuerrecht, bei der Rente, beim Länderfinanzausgleich, beim Niedriglohn und bei der Bildung. Dadurch steigen die Chancen für die Neuauflage einer großen Koalition nach der Wahl.

Die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende schließt eine große Koalition mit der SPD nach der Bundestagswahl am 22. September nicht aus. Wie könnte sie, Angela Merkel, dies angesichts schwankender Umfragen für Schwarz-Gelb auch tun? Und überhaupt: Wo sie doch schon einmal vier Jahre lang erfolgreich eine Koalition von Union und SPD geführt habe.

CSU-Chef Horst Seehofer wird konkreter. Ohne das Ziel der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs will er keinen neuen Koalitionsvertrag unterschreiben, versicherte der bayerische Ministerpräsident. Aber wie will Seehofer das in der Praxis umsetzen? Etwa mit einer hauchdünnen schwarz-gelben Mehrheit im Bundestag - bei gleichzeitiger rot-grüner Dominanz in dem dazu notwendigen Bundesrat?

Auch Gedankenspiele von CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder über ein "100-Tage-Sofortprogramm" nach der Bundestagswahl deuten darauf hin, dass der Unions-Frontmann eher eine große Koalition im Blick hat als die Fortsetzung von Schwarz-Gelb. Wie will Kauder sonst die "kalte Progression im Steuerrecht" abmildern - ohne den gemeinsamen Segen im Bundesrat? Schon einmal ist Schwarz-Gelb daran gescheitert. Oder wie soll der von Kauder versprochene Milliarden-Kraftakt zur Reform der Mütterrente verwirklicht werden -ohne starken Koalitionspartner im Bundestag?

"Eine große Koalition strebt nun wirklich niemand an", versichert Merkel. Das muss sie auch. Denn Spekulationen über ein solches Bündnis von Union und SPD sind den Wahlstrategen aller Parteien zunächst mal ein Graus. Neben der Demotivation der eigenen Mitglieder im Wahlkampf fürchtet man zudem bei der Union ein Abdriften von Wählergruppen zugunsten der FDP. Deren Generalsekretär Patrick Döring mahnt denn auch prompt: "Wer die Fortsetzung von Schwarz-Gelb will, muss FDP wählen."

Für seine Person hat SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück das Thema große Koalition zwar gelöst. Er will ausschließlich als Kanzler einer künftigen Regierung angehören - und nicht als Vize- oder noch so einflussreicher Minister eines Schlüsselressorts. Doch für seine Partei ist damit die leidige Frage noch lange nicht vom Tisch. SPD-Politiker aus der zweiten Reihe mahnen "dringend vor Ausschließeritis". Anders als bei den Wahlstrategen der Parteien stößt eine große Koalition in der Bevölkerung laut Umfragen auf einige Sympathie. Und auch Ökonomen sagen, dass Deutschland in der Wirtschaftskrise 2008 mit dem Zweckbündnis von Union und SPD im internationalem Vergleich eigentlich doch ganz gut gefahren sei.

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