Gauck fordert von Merkel Klartext in der Krise

Berlin. Bundespräsident Joachim Gauck hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gemahnt, den Bürgern die Politik zur Rettung des Euro besser zu erklären. "Sie hat nun die Verpflichtung, sehr detailliert zu beschreiben, was das bedeutet, auch fiskalisch bedeutet", sagte Gauck gestern im ZDF-Sommerinterview

Berlin. Bundespräsident Joachim Gauck hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gemahnt, den Bürgern die Politik zur Rettung des Euro besser zu erklären. "Sie hat nun die Verpflichtung, sehr detailliert zu beschreiben, was das bedeutet, auch fiskalisch bedeutet", sagte Gauck gestern im ZDF-Sommerinterview. Dies sei nicht seine Aufgabe, "ich bin auch keine Ersatzregierung", sagte das Staatsoberhaupt. Die Politik kommuniziere an einigen Stellen nur mäßig. "Manchmal ist es mühsam zu erklären, worum es geht. Und manchmal fehlt die Energie und die Entschlossenheit, der Bevölkerung sehr offen zu sagen, was eigentlich passiert", bemängelte der Bundespräsident. Gauck äußerte zugleich größten Respekt vor der Kanzlerin: "Ich habe andere Aufgaben, und ich könnte nicht, was sie kann und was sie gerade leistet."Zu den Verfassungsklagen gegen den Euro-Rettungsfonds ESM sagte er: "Die Kläger haben alles Recht, ihre Sorgen zum Ausdruck zu bringen."

Gauck sagte mit Blick auf die in Karlsruhe anhängigen Klagen: "Ich bin froh, dass dieser Weg beschritten wird." Er wünsche sich eine breite gesellschaftliche Debatte. Mit den Argumenten der Kläger habe er sich "sehr intensiv auseinandergesetzt und auch nachgefragt".

Die Ergebnisse des Brüsseler EU-Gipfels vergangene Woche bewertete der Bundespräsident aus deutscher Sicht als nicht zu negativ: Bei Verhandlungen und Auseinandersetzungen setze sich selten eine Seite komplett durch. Finanzprobleme bräuchten Zugeständnisse. "Für mich war aber wichtig zu hören, dass nicht alle Felle davongeschwommen sind und dass auch nicht rote Linien überschritten sind", sagte Gauck.

SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann begrüßte die mahnenden Worte Gaucks in Richtung der Kanzlerin. "Es ist Aufgabe der Politik zu begründen, warum die Euro-Rettung notwendig ist", sagte er. "Politik zu erklären, gehört aber gerade nicht zu den Stärken der Kanzlerin." CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe betonte dagegen im "Tagesspiegel", es sei "unsere gemeinsame Verantwortung", die Politik zur Stabilisierung des Euro immer wieder zu erklären.

Auch der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach nahm Merkel in Schutz: "Seit Ausbruch der Krise hat die Bundeskanzlerin ihre Politik immer wieder erklärt und in einen historischen europapolitischen Kontext gestellt, weshalb ich die Kritik der mangelnden Erklärung oder des mangelnden Engagements nicht teilen kann." afp/dapd

Auf einen Blick

Die Kläger gegen den Euro-Rettungsschirm: 12 000 Bürger haben sich einer Verfassungsbeschwerde des Vereins"Mehr Demokratie" angeschlossen. Die frühere Justizministerin Herta Däubler-Gmelin und der Staatsrechtler Christoph Degenhart vertreten die Klage vor Gericht, die auch der Bund der Steuerzahler unterstützt. Die Abgeordneten der Linksfraktion im Bundestag haben eine Beschwerde, der CSU-Politiker Peter Gauweiler hat zwei Klagen eingereicht. dpa

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