Frieden in Aleppo hält nicht

Damaskus · Für ein paar Stunden war es still in Aleppo, das in den vergangenen Tagen unter Dauerfeuer stand. Dann setzten das syrische Regime und seine Verbündeten die tödlichen Bombardements fort.

Nach den heftigsten Bombardierungen Aleppos im gesamten syrischen Bürgerkrieg hat der Westen den Druck auf Russland erhöht. Die Geduld sei "im Hinblick auf Russlands fortgesetzte Unfähigkeit oder seine fehlende Bereitschaft, seinen Verpflichtungen nachzukommen, nicht unbegrenzt", betonten die Außenminister unter anderem der USA, Deutschlands und Großbritanniens laut offizieller Verdolmetschung nach einem Treffen in Boston. Moskau wies die Kritik zurück.

Vorangegangen war ein Bombenhagel des syrischen Regimes und seiner Alliierten auf die Rebellengebiete der belagerten Stadt. In Aleppo und seinem Umland wurden mehr als 230 Zivilisten getötet. Moskau ist ein Verbündeter von Machthaber Baschar al-Assad .

UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon äußerte sich "erschüttert über die schreckenerregende militärische Eskalation" in Aleppo. Nach Worten seines Sprechers Stephane Dujarric ist die frühere Handelsmetropole der "anhaltendsten und schwersten Bombardierung" seit Beginn der Syrienkrise 2011 ausgesetzt. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York beriet gestern über die Luftangriffe .

Nach dem Dauerfeuer der Vortage setzten die syrische und russische Luftwaffe am Sonntagvormittag ihre Angriffe für einige Stunden aus. Die Bombardements gingen nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte im Tagesverlauf aber weiter. Gestern seien wieder mindestens 23 Menschen in Aleppo getötet worden, darunter wenigstens zwei Kinder.

Das syrische Regime hatte vor Wiederaufnahme der Luftangriffe am Donnerstag eine Bodenoffensive angekündigt, um die Stadt vollständig zurückzuerobern. Aleppo ist die letzte verbliebene Großstadt in Syrien, in der Rebellen noch größere Gebiete kontrollieren. Mindestens 250 000 Menschen harren im belagerten Ostteil der Stadt trotz widrigster Lebensumstände aus. In Aleppo sollen zwei Millionen Menschen von der Trinkwasserversorgung abgeschnitten sein.

Regierungstruppen und Kämpfer der mit ihnen verbündeten Milizen verloren das am Samstag eroberte Flüchtlingslager Handarat im Norden der Rebellengebiete gestern allerdings wieder an die Aufständischen. Assads Truppen werden neben Russland auch vom Iran und der Schiitenmiliz Hisbollah unterstützt. Auch Milizen aus Afghanistan und dem Irak sollen darunter sein.

Die westlichen Außenminister forderten von Russland ein Ende der eskalierenden Gewalt. Es liege an Moskau, die diplomatischen Bemühungen zu retten. Die Ereignisse in Syrien, insbesondere in Aleppo, stünden im eklatanten Widerspruch zur russischen Behauptung, eine diplomatische Lösung in Syrien zu unterstützen.

Neben den USA, Deutschland und Großbritannien unterstützen auch Frankreich, Italien und die EU-Außenbeauftragte die Forderungen. Frankreich teilte zudem mit, Russland und der Iran könnten sich zu "Komplizen der in Aleppo begangenen Kriegsverbrechen" machen. Die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa entgegnete: "Ich erinnere mich an die 2000er Jahre. Damals forderte man von Russland, sich der richtigen Seite der Geschichte gegen den Irak anzuschließen". Jetzt fordere der Westen von Moskau wiederum Beweise für den Friedenswillen in Syrien. "Wer von Russland Beweise für seinen Friedenswillen fordert, soll erstmal selbst beweisen, dass er kein Aggressor in Bezug auf Länder der Region ist".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort