Freiwillig oder gesetzlich verordnet?Die Diskussion um Fitness-Checks für die Fahrtüchigkeit kocht wieder hoch

Berlin. Der Vorstoß kam gestern von Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD), denn ab 2013 gelten in der EU neue Führerscheine nur noch für 15 Jahre: "Bei der Verlängerung von Führerscheinen darf es keinen Automatismus mehr geben", erklärte Neumann

Berlin. Der Vorstoß kam gestern von Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD), denn ab 2013 gelten in der EU neue Führerscheine nur noch für 15 Jahre: "Bei der Verlängerung von Führerscheinen darf es keinen Automatismus mehr geben", erklärte Neumann. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer solle daher die Chance nutzen, parallel zur Einführung der Befristung "auch regelmäßige Gesundheitstests zur Pflicht zu machen", meinte der Senator insbesondere mit Blick auf ältere Autofahrer. Dass sich der CSU-Mann dafür einsetzen wird, ist jedoch eher unwahrscheinlich.Der Minister ist nicht nur kein Freund regelmäßiger, verpflichtender Checks, er ist auch ein gebranntes Kind: Unlängst brachte er entgegen der bisherigen Linie seines Hauses eine Helmpflicht für Fahrradfahrer ins Gespräch. Das Echo darauf war alles andere als gut. Seitdem hält sich der Bayer lieber bei allem zurück, was Autofahrer und andere Verkehrsteilnehmer unnötig erzürnen könnte - verpflichtende Gesundheitschecks dürften für viele Bürger dazu gehören. Zudem ist im erst kürzlich vorgestellten, neuen Verkehrssicherheitsprogramm des Ministeriums unter dem Kapitel "Senioren" auch kein Zwang für Medizintests vorgesehen. Stattdessen wird darin für "freiwillige" Gesundheitschecks "als sinnvolle präventive Maßnahme" geworben. Demnach sollen Ärzte zum Beispiel stärker auf Fahrkompetenz oder Sehkraft älterer Verkehrsteilnehmer achten. Die medizinische Beratung durch den Hausarzt müsse allerdings noch optimiert und erweitert werden, ist in dem Programm zu lesen. Die Bundesanstalt für Straßenwesen hat daher inzwischen ein entsprechendes Handbuch für Hausärzte entwickelt.

Gleichwohl weiß auch Ramsauer, dass die demografische Entwicklung vor den Verkehrsteilnehmern nicht halt macht. "Die Zahl der Senioren ab 65 Jahren wird bis zum Jahr 2050 um mehr als 50 Prozent wachsen", heißt es in seinem Ministerium. Dass ältere Autofahrer aber automatisch mehr Unfälle bauen - in Hamburg sollen laut Innensenator Neumann Autofahrer ab 65 Jahre mit 61,6 Prozent den höchsten Verursacheranteil am Unfallgeschehen haben - lässt man im Ministerium nicht gelten. Von älteren Kraftfahrern gehe "kein erhöhtes Unfallrisiko aus", ist in einer internen Einschätzung vermerkt. Ihre Unfallbeteiligung sei "deutlich niedriger als die jüngerer Altersgruppen, vor allem auch proportional zu ihrem Anteil an der Bevölkerung". In Ramsauers Ressort führt man dies insbesondere darauf zurück, dass Senioren ihre altersbedingten Leistungsbeeinträchtigungen kompensieren - "durch besonnene Fahrweise, Beschränkung auf verkehrsarme Zeiten oder bestimmte Fahrten in gewohnter Umgebung". Ähnlich sieht das auch der ADAC, der sich gestern gegen verpflichtende Gesundheitschecks aussprach.

Die Grünen indes forderten, Medizintests schon jetzt für alle Autofahrer vorzuschreiben. So wie in Schweden, Großbritannien, den Niederlanden und Spanien, wo die Fahrtauglichkeit regelmäßig geprüft wird. Darüber hinaus gibt es dann doch eine Statistik, die offenbar auch Ramsauers Experten aufhorchen lässt: Nach Angaben des Ministeriums sind Autofahrer über 75 Jahre häufiger Unfallverursacher als 18- bis 21-Jährige, vor allem als 50- bis 55-Jährige. Fakt ist auch, dass das Risiko älterer Menschen, bei einem Unfall getötet zu werden, viel höher ist als bei jungen Verkehrsteilnehmern. Grund sei "die physische Konstitution".Foto: Public Address

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