Prozess in Istanbul Freilassung für Steudtner gefordert

Istanbul · Der türkische Staatsanwalt will die U-Haft für den Menschenrechtler überraschend beenden.

Nach mehr als drei Monaten Untersuchungshaft hat die türkische Staatsanwaltschaft überraschend die Freilassung des deutschen Menschenrechtlers Peter Steudtner gefordert. Der Staatsanwalt in Istanbul sprach sich gestern Abend dafür aus, Steudtner, seinen schwedischen Kollegen Ali Gharavi und mehrere türkische Menschenrechtler unter Auflagen bis zu einem Urteil in dem Prozess wegen Terrorvorwürfen auf freien Fuß zu setzen. Erwartet wurde, dass das Gericht noch im Laufe des späten Mittwochabends über den Antrag der Staatsanwaltschaft und über mögliche Auflagen entscheidet.

Unklar war zunächst, ob das Gericht im Fall der Entlassung von Steudtner und Gharavi aus der Untersuchungshaft eine Ausreisesperre verhängt oder ob die beiden Ausländer die Türkei verlassen können. Die Bundesregierung fordert die Freilassung Steudtners. Dem Deutschen, Gharavi und neun weiteren Angeklagten wird „Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation“ beziehungsweise „Unterstützung von bewaffneten Terrororganisationen“ vorgeworfen, worauf bis zu 15 Jahren Haft stehen. Von den insgesamt elf Angeklagten sind neun in Untersuchungshaft. Nach dem Antrag der Staatsanwaltschaft sollen sieben davon bis zu einem Urteil in dem Prozess unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt werden. Unter den zwei Angeklagten, die demnach weiter in U-Haft blieben, wäre der Vorsitzende von Amnesty in der Türkei, Taner Kilic. Gegen ihn soll heute in Izmir ein weiteres Verfahren beginnen.

Steudtner hatte zum Prozessauftakt gestern die gegen ihn erhobenen Terrorvorwürfe zurückgewiesen und seine Entlassung aus der Untersuchungshaft gefordert. „Ich plädiere in allen Anklagepunkten auf nicht schuldig und bitte um meine sofortige und bedingungslose Freilassung“, sagte er in seiner rund 40-minütigen Verteidigung am ersten Verhandlungstag vor dem Istanbuler Gericht. „Ich habe nie in meinem Leben irgendeine militante oder terroristische Organisation unterstützt.“ Auch die Bundesregierung forderte erneut Steudtners Freilassung.

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