"Frau Merkel muss aufpassen"

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) steht wegen Aussagen zu einer Staatspleite Griechenlands im Kreuzfeuer der Kritik. Rückendeckung erhält er jetzt von seinem Parteifreund Christoph Hartmann (Foto: rup). Im Gespräch mit SZ-Redakteur Thomas Schäfer greift Hartmann die Kanzlerin scharf an

Herr Hartmann, die Bundeskanzlerin hat Spekulationen über eine Insolvenz Griechenlands strikt zurückgewiesen. Sie ging damit auf Distanz zu ihrem Parteichef Philipp Rösler, der genau das ins Spiel gebracht hatte. Was sagen Sie dazu?Hartmann: Ich kann die Reaktion aus dem Kanzleramt nicht verstehen. Frau Merkel muss aufpassen, dass sie sich nicht von den Menschen entfremdet. Die Menschen haben Verständnis, dass wir etwas tun müssen, aber sie haben inzwischen das Gefühl, es handelt sich bei Griechenland um ein Fass ohne Boden. An vielen Stellen in Deutschland fehlt Geld, aber scheinbar, so kommt es auf der Straße an, sind für Griechenland immer neue Milliarden da. Irgendwann muss man aber vielleicht sagen: Wenn die Retter überfordert werden, hat davon zum Schluss niemand etwas.

Sie halten eine geordnete Insolvenz also ebenfalls für sinnvoll?

Hartmann: Man muss wenigstens einmal darüber reden dürfen. Das kategorische Denkverbot, das hier von der Kanzlerin ausgesprochen wurde, kann man nicht akzeptieren. Diese Strategie wird nicht aufgehen. Wir müssen jetzt ein Signal an die Menschen in diesem Land senden, dass Griechenland eben kein Fass ohne Boden wird. Ich merke als Wirtschaftsminister, wie groß die Unsicherheit auch in den Unternehmen im Saarland inzwischen ist. Es werden teilweise Investitionsentscheidungen verschoben, weil man nicht glaubt, dass die Politik die Griechenland-Krise und die möglichen Folgen für die Weltwirtschaft in den Griff bekommt.

Was schlagen Sie vor?

Hartmann: Ich gebe Philipp Rösler Recht: Zur Konsolidierung müssen alle Gläubiger beitragen, auch die privaten. Schon das erste Rettungspaket im Mai 2010 hat nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Da kann man nicht einfach weitermachen, ohne einmal über andere Wege nachzudenken. Die von Frau Merkel beschworene Alternativlosigkeit ihrer Euro-Politik ist eine Schimäre.

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