Franz von Papen und die "Einigung in der Saarfrage"

Saarbrücken. Drei Ereignisse aus den Juniwochen vergangener Jahrzehnte sind uns erhalten geblieben: Am 4. Juni 1961 lief die erste "Sportschau". Nervosität, Pannen, allerlei Hickhack, kritisierte darauf die SZ. "Das Fernsehen übernimmt sich." Seit 1. Juni 1964 haben in Deutschland Fußgänger auf Zebrastreifen Vorrang ("Lex Zebra")

Saarbrücken. Drei Ereignisse aus den Juniwochen vergangener Jahrzehnte sind uns erhalten geblieben: Am 4. Juni 1961 lief die erste "Sportschau". Nervosität, Pannen, allerlei Hickhack, kritisierte darauf die SZ. "Das Fernsehen übernimmt sich." Seit 1. Juni 1964 haben in Deutschland Fußgänger auf Zebrastreifen Vorrang ("Lex Zebra"). Und erhalten blieb uns die englische Königin Elisabeth II., die am 2. Juni 1953 gekrönt wurde. Die "junge, mädchenhafte Königin", war zu lesen, werde wohl das "ungeheure Glück" Englands mit seinen gekrönten Häuptern fortsetzen, die sich "im täglichen Leben zurückhielten und in entscheidenden Momenten die tragende Stütze des Empire" waren.Große Verwirrung herrschte in der Presse am 1. Juni 1932 aus, als Reichspräsident Paul von Hindenburg Franz von Papen beauftragte, eine "Regierung der nationalen Konzentration" zu bilden. Selbst "in Kreisen der Rechten hat das lebhaftes Befremden ausgelöst". Von Papen gehöre zu den Politikern, "die noch an das Phantom einer schiedlich-friedlichen Verständigung mit Frankreich glauben." Das gehe nur mit Tolerierung durch die NSDAP, war zu lesen, und die sei dazu nicht bereit. Weiter: Von Papen "ist übrigens im Saargebiet nicht unbekannt. Seine Gemahlin ist eine geborene von Boch-Galhau, und sein Wohnsitz befindet sich in Wallerfangen". Zwei Jahre später, am 1. Juni 1934, Hitler war an der Macht, jubelt die Zeitung: "Einigung in der Saarfrage!" In Genf war eine Abstimmung der Saar über ihre künftige nationale Zugehörigkeit am 13. Januar 1935 beschlossen worden. Alle Glocken im Saargebiet sollten am 2. Juni mittags läuten. "Nur noch 225 Tage!" Der Kommentator der Saarbrücker Zeitung: "Wir haben viel länger ausgehalten und stehen seit Jahren unter Verhältnissen, die den Willen und die Disziplin aufs stärkste belastet haben. Da werden wir auch die paar Monate noch schaffen." Von Papen, Vizekanzler im ersten Kabinett Hitlers: Deutschland sei bis dahin "die treusorgende Mutter des Saarvolkes geblieben", jetzt sei "mit der Lüge von 150 000 Saarfranzosen endgültig aufgeräumt." Den "Zwang", die Zugehörigkeit zu Deutschland per Abstimmung zu erfragen, hält er für einen "Ausfluss imperialistischen Geistes".

Vor 45 Jahren, am 5. Juni 1966, rang die SPD mit ihrem Profil. Derart dramatisch sei es seit der Verabschiedung des Godesberger Programms der SPD 1959 nicht mehr zugegangen, schrieb der SZ-Korrespondent. Ein Teil der Partei wollte mehr nach links, unter anderem um die deutsche Wiedervereinigung "in Gang bringen". Außerdem lehnten diese Genossen die geplanten Notstandsgesetze ab. Diese sahen vor, die Grundrechte bei innerer oder äußerer Gefahr einzuschränken. In "offener Redeschlacht" traten Willy Brandt und Herbert Wehner dagegen an. Deren Linie siegte tags darauf knapp, Brandt wurde mit 326 gegen 324 Stimmen als SPD-Chef wiedergewählt.

Ein Jahr später, am 2. Juni 1967, erschoss ein Polizist in Berlin den Studenten Benno Ohnesorg am Rande einer Studentendemonstration gegen den Besuch das Schahs von Persien. "Polizisten und Studenten stehen einander als offene Feinde gegenüber", kommentierte die SZ Tage später. Die Tragweite des Vorfalls, nämlich die Radikalisierung des Studentenpotestes, war da offenbar noch nicht abzusehen. Berlin und Bonn schoben die Schuld am Tod ohne viel Federlesens den Demonstranten zu. Wieder ein Jahr später, am 30. Mai 1968, verabschiedete der Bundestag die Notstandsgesetze. Die ganze Aufmerksamkeit der Saarbrücker Zeitung galt Willy Brandt, inzwischen Außenminister der großen Koalition. Brandt, so schrieb der Korrespondent, habe "zur Entgiftung" der Debatte über die Gesetze beigetragen, die Entscheidung werde "hoffentlich keine neuen Gräben in der Bevölkerung aufreißen".

Anfang Juni 1972 meldet die SZ auf dem Titel: Nach Festnahme der Terroristen Andreas Baader, Holger Meins und Jan-Karl Raspe laufe nun die "Fahndung nach weiteren Mitgliedern der Anarchistengruppe auf Hochtouren." Die Meldung konkurriert mit dem Inkrafttreten des Transitabkommens: "Für Berlins Zugangswege gibt es nun eine allgemein anerkannte, vertraglich gesicherte Grundlage." Das war als Teil des Viermächteabkommens ein Ergebnis der Ostpolitik Willy Brandts. Es akzeptierte die weitgehende Bindung Westberlins an die Bundesrepublik. Was sonst noch geschah: • 30. Mai 1967: Beginn des Biafra-Kriegs, mit dem sich die Region Biafra erfolglos von Nigeria lossagen will. "Biafra" wird in Deutschland zum Synonym für hungernde Kinder in Afrika. • 31. Mai 2010: Bundespräsident Köhler erklärt seinen Rücktritt. • 3. Juni 1998: 101 Menschen sterben, als ein ICE bei Eschede entgleist.

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