Frankreich bleibt weiter im Blockadezustand

Paris · Frankreichs Autofahrer starren seit Tagen auf eine Landkarte mit vielen orangenen Punkten. Sie zeigen all die Tankstellen an, an denen es kein Benzin mehr gibt. Verantwortlich für die Benzinknappheit, die laut Regierung ein Fünftel der Tankstellen erfasst hat, ist ein Streik der den Kommunisten nahestehenden Gewerkschaft CGT. Sie blockiert sowohl die Treibstoffdepots als auch sechs der acht Raffinerien des Landes. "Wir sind bereit, bis zum Letzten zu gehen für eine Rücknahme des Arbeitsrechts", kündigte CGT-Chef Philippe Martinez kämpferisch an.

Ebenso kämpferisch ist sein Gegenspieler Manuel Valls auf der Regierungsseite. "Es reicht", schleuderte der Premierminister dem Gewerkschaftschef entgegen, nachdem die Polizei am Dienstag die Blockade einer ersten Raffinerie aufgelöst hatte. Für Martinez ist gerade dieser Arbeitskampf alter Schule eine Gelegenheit, sich gegen die moderaten Gewerkschaften wie die CFDT zu profilieren. Die hatte dem Arbeitsrecht ihren Segen gegeben, das beispielsweise Betriebsvereinbarungen zur Regelung der Arbeitszeit vorsieht statt wie bisher Abkommen auf Branchenebene. Die CGT hat die Protestbewegung gestern noch ausgeweitet: An allen 19 AKW-Standorten wurde gestreikt, wie Marie-Claire Cailletaud von der Gewerkschaft CGT angab. Nächste Woche haben die Gewerkschaften der Pariser Verkehrsbetriebe und der Fluggesellschaften den Ausstand angekündigt. Und am 14. Juni, vier Tage nach Beginn der Fußball-EM, folgt die nächste Großdemonstration. Da die Beteiligung seit März zurückging, sucht die Gewerkschaft nun ihr Heil in radikaleren Methoden wie eben der Blockade wichtiger Industriezweige. Sie hat noch den Herbst 2010 in Erinnerung, als es ihr trotz Massenprotesten nicht gelang, die Rentenreform zu stoppen.

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