Forscher ermuntern das Saarland zum Sparen

Saarbrücken. "Schuldenbremse" - das klang für den Normalbürger und wohl auch für so manchen Politiker reichlich abstrakt, als sich Bund und Länder Anfang 2009 auf ein Verbot neuer Schulden ab 2020 einigten

Saarbrücken. "Schuldenbremse" - das klang für den Normalbürger und wohl auch für so manchen Politiker reichlich abstrakt, als sich Bund und Länder Anfang 2009 auf ein Verbot neuer Schulden ab 2020 einigten. Erst langsam wurde klar, was das konkret bedeutet: Die Gehaltserhöhung für Beamte im Saarland fiel 2011 aus, junge Lehrer verdienen weniger, die Polizei verliert in den nächsten Jahren hunderte Stellen, das Land streicht Millionen-Investitionen für den Bau neuer Gebäude und erhöhte die Grunderwerbsteuer. "Die Schuldenbremse, die uns als Krawatte verkauft worden ist, stellt sich immer mehr als Strick um den Hals des Landes heraus", sagt SPD-Finanzexperte Reinhold Jost. Verdi-Chef Alfred Staudt spricht gerne von einer "Guillotine der Haushaltspolitik".Bei so viel Kritik kommt die neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) in Köln der schwarz-gelb-grünen Landesregierung vermutlich gerade recht. Die Untersuchung, erstellt im Auftrag der arbeitgebernahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), bescheinigt der Jamaika-Koalition, mit ihrem umstrittenen Sparkurs auf einem guten Weg zu sein. Das strukturelle, also von konjunkturellen Effekten unabhängige Haushaltsdefizit soll zwischen 2010 und 2013 um 76,4 Prozent auf knapp 300 Millionen Euro zurückgehen - Platz 6 unter den 16 Bundesländern. "Setzt das Saarland seine Konsolidierungsbemühungen in dieser Weise fort, kann die Schuldenbremse ohne Weiteres eingehalten werden", loben die Wissenschaftler. Studienleiter Marco Mendorf sagte der SZ, in diesem Fall könne das Saarland schon "Mitte des Jahrzehnts" ohne neue Schulden auskommen. Dann könnte es sich die Koalition auch erlauben, den Spardruck zu lockern, weil das Neuverschuldungsgebot erst ab 2020 gilt. Darüber wäre der eine oder andere Abgeordnete der Regierungsfraktionen vermutlich nicht einmal unglücklich, denn trotz aller Bekenntnisse zur Schuldenbremse stellt man sich dort schon länger die Frage, wie lange der beinharte Sparkurs wirklich durchzuhalten ist. SPD-Mann Jost sagt, es sei immer klar gewesen, dass die Hürden in den ersten Jahren noch einigermaßen einfach zu überwinden seien. Ab 2014 werde es aber "brachial".

Im Gegenzug zum Abbau der Neuverschuldung erhält das Saarland vom Bund und den übrigen Ländern eine jährliche Finanzspritze von 260 Millionen Euro - bis 2019 insgesamt 2,34 Milliarden. "Wir können es uns nicht erlauben, auf diese Konsolidierungshilfen zu verzichten", unterstrich Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer gestern. Die CDU-Politikerin, die jüngst mit einem verunglückten Zeitungsinterview Zweifel an der Standhaftigkeit des Saarlandes in Sachen Schuldenbremse gesät hatte, stellte klar: "An der Schuldenbremse führt kein Weg vorbei - und wir werden diesen Weg der Konsolidierung unbeirrt weiter gehen. Alle, die an der Ernsthaftigkeit des Saarlandes zweifeln, werden mit dieser Studie eines Besseren belehrt."

Dass nicht alle Länder die Schuldenbremse in der Verfassung so ernst nehmen wie das Saarland, zeigt Nordrhein-Westfalen. Dort bringt es die rot-grüne Minderheitsregierung der Studie zufolge fertig, das strukturelle Defizit bis 2013 um ein gutes Drittel zu erhöhen. Spitzenreiter beim Sparen ist übrigens Sachsen, das - ebenso wie Thüringen, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg - bereits 2013 Überschüsse erzielen kann.

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