Ford-Mitarbeiter können trotz Krise aufatmen

Saarlouis. Für die kommenden Wochen und Monate gibt es bei Ford in Saarlouis keine Entwarnung. Trotz der Zusage für die Produktion des neuen Focus bestimmt die Krise dort weiter den Alltag. Und jeden Monat steht neu die Frage nach Kurzarbeit im Raum

Saarlouis. Für die kommenden Wochen und Monate gibt es bei Ford in Saarlouis keine Entwarnung. Trotz der Zusage für die Produktion des neuen Focus bestimmt die Krise dort weiter den Alltag. Und jeden Monat steht neu die Frage nach Kurzarbeit im Raum. In drei Monaten, im Februar, März und April, hat Ford bereits wegen schlechter Auslastung zu diesem Instrument greifen müssen; nach den Werksferien soll eine Entscheidung für die Monate Oktober bis Dezember fallen. "Die schwierigen Quartale liegen noch vor uns", sagt Betriebsratschef Gilbert Hess. Ab Mitte des Jahres aber gehe es spürbar aufwärts, denn dann startet die Vorbereitung für den Modellanlauf des neuen Focus am 6. Dezember.

Die Perspektive lässt bei den Mitarbeitern Erleichterung in Saarlouis aufkommen. Denn klar ist: Ab 2011 wird das Werk wieder voll ausgelastet sein. Betriebsratschef Hess rechnet mit einem Volumen von rund 500 000 Focus-Modellen, die ab 2011 vom Band laufen werden - im guten Jahr 2008 haben 400 000 Autos das Werk in Saarlouis verlassen. Außerdem ist durch den Zuschlag für den Focus die Zukunft des Werkes bis mindestens 2016 gesichert.

Das erleichtert den Blick auf die Zeit bis Ende 2010: "Wir haben schwierige Monate vor uns", sagt Werks-Sprecherin Sigi Klein-Schwinn. "Bei einem Auslauf-Modell kann man nie wissen, wie sich der Absatz entwickelt. Aber wir können jetzt davon ausgehen, dass wir die Stammbelegschaft mit Kurzarbeit halten werden." Das Unternehmen habe erst drei Monate Kurzarbeit in Anspruch genommen - das gibt Luft für das kommende Jahr.

Seit gestern ist klar, dass Saarlouis in Zukunft sämtliche Ford-Focus-Modelle bauen wird. Das ließ Ford-Europa-Chef John Fleming mitteilen. Zwar stand schon seit März fest, dass Saarlouis Leitwerk für den neuen Focus wird, allerdings war noch offen, ob einzelne Modelle auch im spanischen Valencia oder im rumänischen Craiova gebaut werden. Der Kompromiss sieht nun so aus, dass Saarlouis im Gegenzug für den Focus die Produktion des C-Max an Valencia abgibt. Außerdem soll die Produktion des Kuga Ende 2012 auslaufen. "Damit können wir aber gut leben", sagt Hess. Der C-Max habe in guten Jahren ein Volumen von 120 000 Autos, dagegen stünden 235 000 Focus-Modelle, die noch in Valencia gebaut würden. Ford-Sprecher Wolfgang Riecke begründet den Zuschlag mit einem Effizienzgewinn. Allerdings: "Das ist im Wesentlichen eine Stärkung des Standorts und spricht auch für das Werk in Saarlouis", sagt Riecke. In den kommenden Monaten hofft er auch auf die Wirkung der Abwrackprämie, die sich ihm zufolge auch auf den Absatz des Focus durchschlägt.

Klein-Schwinn ist für die kommenden Monate grundsätzlich optimistisch: "Wir sind mit einem Exportanteil von 80 Prozent stark auf ausländische Märkte fokussiert", sagt sie. "Der Auslandsanteil könnte uns auch stützen, wenn der deutsche Markt wieder zurückgeht."

Das Saarlouiser Werk, das 1970 auf dem Röderberg angesiedelt wurde, hat reichlich Krisenerfahrung. Die Autokrise Anfang der 90er ist auch an dem Standort im Saarland nicht spurlos vorbeigegangen: Die Fertigung war dort zu teuer. In der Konkurrenz mit dem Werk in Valencia musste Saarlouis kräftig die Kosten senken um zu überleben. Die Rettung brachte das Konzept, die Zulieferer rund um das Werk anzusiedeln - damals eine Pionierleistung in der Automobilindustrie. Der Start des Parks, der zeitgleich mit der Produktion des ersten "Focus" 1998 den Betrieb aufgenommen hat, hat die Fabrik wieder wettbewerbsfähig gemacht. Mit der Produktion des Focus ist Ford Saarlouis dann wieder auf die Erfolgsspur gefahren. "Wir können jetzt davon ausgehen, dass wir die Stammbelegschaft mit Kurzarbeit halten werden."

Werkssprecherin Sigi Klein-Schwinn

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