Folgenschwerer Rechenfehler

Berlin. Die peinliche Buchungspanne bei der "FMS Wertmanagement" hat ein politisches Nachspiel

Berlin. Die peinliche Buchungspanne bei der "FMS Wertmanagement" hat ein politisches Nachspiel. Die Manager dieser "Bad Bank" der Pleitebank HRE müssen nun bei Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) antanzen, und auch der Bundestag will von den Verantwortlichen wissen, wieso fast ein Jahr lang 55 Milliarden Euro als Schulden gerechnet werden konnten, obwohl sie auf der Haben-Seite hätten stehen müssen.An hämischen Sprüchen fehlte es nicht. "Das ist kein Betrag, den die schwäbische Hausfrau in die Keksdose steckt und vergisst", meinte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann.

Die "FMS Wertmanagement" wurde 2010 gegründet und soll die Risikopapiere der Pleitebank Hypo Real Estate im Nominalwert von 175 Milliarden Euro verwalten und vermarkten. Sie ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Das Finanzministerium kannte die Panne seit Anfang Oktober, teilte der Öffentlichkeit aber nichts mit. Eine Pressemitteilung der FMS selbst vom 18. Oktober wurde zunächst kaum registriert, auch weil sie bewusst kryptisch formuliert war. Darin wurde umstandslos mitgeteilt, dass die Bilanzsumme im Vergleich zum Jahresende um 9,4 Prozent auf rund 302 Milliarden Euro gesunken sei und dass die "zugehörigen Vergleichszahlen" zum 31. Dezember 2010 "angepasst" worden seien auf 333 Milliarden Euro. Man habe Sicherheiten "sofern vertraglich möglich", saldiert ausgewiesen. Wer das übersetzen konnte, hätte gewusst: Vorher wurden Sicherheiten fälschlicherweise auf der Soll- und nicht auf der Habenseite verbucht, wo sie hingehören. Indem dies nun korrigiert wird, sinkt die Bilanzsumme von 357 Milliarden Euro, die nämlich ursprünglich im Geschäftsbericht 2010 ausgewiesen worden waren, auf korrigierte 333 Milliarden für das Vorjahr und 302 Milliarden jetzt. Satte 55 Milliarden Euro. Erst durch Presseberichte wurde das öffentlich.

Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick stellte schon die Frage, was passiert wäre, wenn die 55,5 Milliarden Euro zusätzliche Schulden gewesen wären. Wäre dann plötzlich auch Deutschland in der Bonität abgerutscht, so wie Italien? Das wohl kaum, meinte FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke gegenüber unserer Zeitung. Dazu sei die Summe dann doch nicht gewaltig genug. Aber Fricke nimmt die Sache sehr ernst. "Das bedarf sowohl bei denjenigen, die diese Art der Buchung vorgenommen haben, als auch bei jenen, die sie zu kontrollieren haben, einer gründlichen Überprüfung". Zuständig, so der Abgeordnete, sei der "Soffin"-Ausschuss, ein neunköpfiges, der Geheimhaltung verpflichtetes Gremium des Bundestages, das den "Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin)" kontrollieren sollen.

Der Ball liegt damit einerseits im Feld von Finanzminister Wolfgang Schäuble, dem der Soffin untersteht - und indirekt damit auch die FMS. Soffin-Chef Christoph Pleister ist sogar stellvertretender Verwaltungsratsvorsitzender der FMS, hat die Bilanzen also stets gesehen und offenbar nichts gemerkt.

Meinung

Wir sind doch nicht blöd

Von SZ-KorrespondentWerner Kolhoff

Der ganze peinliche Vorgang um den fatalen Rechenfehler bei der HRE hat mindestens zwei politische Dimensionen. Die eine: Verantwortlich für die Kontrolle ist bei dieser Anstalt des öffentlichen Rechts das Bundesfinanzministerium von Wolfgang Schäuble. Er wird die Fragen, die nun diesbezüglich an ihn zu richten sind, nicht einfach nach unten weiterleiten können. Verantwortung heißt nun mal Verantwortung. Was also funktioniert da in seinem Ministerium nicht? Die zweite Dimension ist gravierender Natur. Der Vorgang FMS ist ja nicht der erste dieser Art, der zeigt, dass die Manager der Finanzwelt nicht mehr überblicken, was sie tun. Da können junge Börsenhändler unbemerkt Milliarden verzocken, können Fondsmanager jahrelang gigantische Schneeballsysteme betreiben, und da überweisen deutsche Bankmanager von der Kreditanstalt für Wiederaufbau noch schnell 300 Millionen Euro an eine Pleitebank in Amerika.

Ausgerechnet diese Branche also will uns nun erzählen, dass jede Regulierung der Finanzmärkte des Teufels ist und die Wirtschaft kaputt macht. Wir sind doch nicht blöd.

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