Mittelmeer-Route Flüchtlingskrise bringt Spanien in Not

Madrid · Weil immer mehr Boote aus Afrika ankommen, sucht die Regierung nach Lösungen. Derweil wird die Stimmung schlechter und die Opposition lauter.

 Ein fast tägliches Bild an Spaniens Südküste: Aus Seenot gerettete Flüchtlinge aus den Krisenstaaten Afrikas warten an den Häfen (wie hier in Tarfia) auf ihre Unterbringung. Weil immer mehr Menschen ankommen, will die Regierung Maßnahmen ergreifen – und drängt auf eine europäische Lösung.

Ein fast tägliches Bild an Spaniens Südküste: Aus Seenot gerettete Flüchtlinge aus den Krisenstaaten Afrikas warten an den Häfen (wie hier in Tarfia) auf ihre Unterbringung. Weil immer mehr Menschen ankommen, will die Regierung Maßnahmen ergreifen – und drängt auf eine europäische Lösung.

Foto: dpa/Marcos Moreno

Angesichts der drastisch gestiegenen Anzahl von Flüchtlingen an der andalusischen Küste sucht die Regierung in Madrid fieberhaft nach Lösungen – sowohl auf nationaler, als auch auf europäischer und afrikanischer Ebene. Innenminister Fernando Grande-Marlaska reiste gestern zu Gesprächen nach Mauretanien, nachdem er am Wochenende bereits die Seenotretter und die Polizei in Andalusien besucht hatte.

Der Minister betonte, die Situation an der Costa de la Luz sei bislang „unter Kontrolle“. Allerdings bekam die sozialistische Regierung heftigen Gegenwind von der konservativen Opposition. Seit Freitag hatte der Seerettungsdienst erneut mehr als 1400 Flüchtlinge auf Dutzenden Booten aufgegriffen.

Der neue Chef der konservativen Volkspartei (PP), Pablo Casado, warf der Regierung vor, durch die Aufnahme der Flüchtlinge des Rettungsschiffs „Aquarius“ den Ansturm auf die spanischen Küsten erst heraufbeschworen zu haben. Madrid hatte dem von der NGO „SOS Méditerranée“ gecharterten Schiff Mitte Juni erlaubt, den Hafen von Valencia anzusteuern. Die „Aquarius“ mit 630 Flüchtlingen an Bord befand sich zuvor auf einer tagelangen Odyssee im Mittelmeer, nachdem Italiens neue populistische Regierung die Anlandung verweigert hatte.

„Die Goodwill-Politik der offenen Türen wird Spanien in eine ernste Krise stürzen“, twitterte gestern der Chef der PP in Katalonien, Xavier García Albiol. Die Regierung wies die Vorwürfe energisch zurück und betonte, sie habe bereits Notmaßnahmen ergriffen. „Es ist keineswegs so, dass wir die Flüchtlinge zu uns rufen, sondern sie sind auf der Flucht aus ihren Ländern“, hieß es aus dem Innenministerium. Deshalb sei es so wichtig, mit den Herkunftsländern zusammenzuarbeiten.

Bereits in den nächsten Tagen werde im andalusischen Algeciras ein Erstaufnahmezentrum eröffnet, für das die Regierung 3,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt habe, hieß es. In Chiclana de la Frontera wird Anfang August zudem eine Notunterkunft für 600 Menschen die Pforten öffnen, die andere Städte in der Region massiv entlasten soll. Es werde vom Roten Kreuz verwaltet, erklärte ein Sprecher des Ministeriums für Arbeit und Migration. Bisher werden viele ankommende Flüchtlinge zunächst in Sportzentren der Küstenorte untergebracht. Die Eröffnung weiterer ähnlicher Unterkünfte sei wahrscheinlich, sollte der Flüchtlingszustrom weitergehen, sagte der Sprecher.

Auch auf „höchster europäischer Ebene“ sowie durch Gespräche mit Ländern wie Marokko, Algerien und Mauretanien werde nach Lösungen gesucht, berichteten spanische Medien. Grande-Marlaska hatte schon am Sonntag in Andalusien betont: „Dies ist ein europäisches Problem, das europäischer Lösungen bedarf.“

Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) ist Spanien das neue Hauptziel afrikanischer Migranten. Jedoch hat die Gesamtzahl von Flüchtlingen, die über das Meer nach Europa kommen, drastisch abgenommen. Waren es von Januar bis Juli 2017 rund 114 000 gewesen, so waren es 2018 im gleichen Zeitraum nur noch knapp 52 000.

Die „Aquarius“, die im südfranzösischen Marseille liegt, will unterdessen morgen wieder zu einem Einsatz vor der Küste Libyens auslaufen. Ob das Schiff das Kommando zum Retten bekommt und Spanien im Falle einer neuen Blockadehaltung Italiens womöglich erneut aushelfen muss, war zunächst unklar.

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