Interview Peter Schaar „Facebook macht es sich eindeutig zu leicht“

Berlin · Der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte sieht nach dem Datenskandal nicht nur den Netz-Giganten gefordert, sondern auch die Politik.

 Der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar fordert nach dem Skandal deutliche Konsequenzen bei Facebook.

Der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar fordert nach dem Skandal deutliche Konsequenzen bei Facebook.

Foto: dpa/Jörg Carstensen

Angesichts des gigantischen Datenmissbrauchs beim Internetkonzern Facebook reicht dem früheren Bundesbeauftragen für den Datenschutz, Peter Schaar, die Entschuldigung von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg nicht aus. Dieser habe auch erst reagiert, als die Börsenkurse eingebrochen seien, kritisiert Schaar im SZ-Interview.

Herr Schaar, sollten wegen des Datenskandals Nutzer ihr Facebook-Profil jetzt löschen?

SCHAAR Das ist zumindest eine Möglichkeit. Aber viele wollen ihre sozialen Kontakte ja nicht gefährden. Insofern kann ich nur raten, die Einstellungen des eigenen Profils zu überprüfen und die Sicherungsmöglichkeiten, die es gibt, auch entsprechend einzustellen. Gleiches gilt bei den Apps, die man hat.

Sehen Sie denn einen Trend weg von den sozialen Netzwerken wie Facebook & Co.?

SCHAAR Im Augenblick gibt es eine Gegenbewegung zu Facebook. Aber die Idee der sozialen Netzwerke bleibt plausibel, sich über elektronische Möglichkeiten auszutauschen und in Kontakt zu bleiben. Das Ganze wird natürlich pervertiert, wenn dies nur Nebenprodukt für eine globale Datensammelei ist, die ausschließlich dazu dient, möglichst viel Geld zu verdienen. Das kann keine Aufgabe von sozialen Netzwerken sein.

Mark Zuckerberg hat sich entschuldigt, Facebook sagt, man sei betrogen worden. Reicht Ihnen das?

SCHAAR Der Konzern macht es sich eindeutig zu leicht. Zuckerberg spricht von einem Vertrauensbruch, aber das ist keine Selbstkritik. Und dass man sich erst jetzt entschuldigt, nachdem die Börsenkurse eingebrochen sind, spricht für sich. Facebook weiß seit mindestens einem Jahr von diesem Vorfall – da hat es nicht mal eine Benachrichtigung der Betroffenen oder der Aufsichtsbehörden gegeben. Es ist nun dringend notwendig, dass das Unternehmen Änderungen vornimmt. Wie ernsthaft man da vorgeht, werden wir sehen.

Die SPD-Justizministerin Katarina Barley hat Facebook jetzt zum Gespräch gebeten. Wirklich kooperativ war der Konzern jedoch nie – was kann das Treffen bringen?

SCHAAR Miteinander zu sprechen, ist immer gut. Aus meiner Sicht gibt es vor allem einen Handlungsbedarf bei Facebook selbst. Der Konzern muss seine Prozesse neu ordnen und die Voreinstellungen für den Zugriff auf Daten klar restriktiver machen. Vor allem muss die Privatsphäre der Nutzer besser gewahrt werden – bisher ist es ja so, dass ich meine Privatsphäre aufgebe, wenn ich einen neuen Account erstelle.

Das heißt, die Politik kann gegen den Konzern nichts ausrichten?

SCHAAR Doch, das kann sie. In dem sie beim Datenschutz Gas gibt – und da muss ich sagen, war Deutschland auf europäischer Ebene nicht vorbildlich. Das gilt übrigens auch für den verbesserten Internet-Datenschutz. Auch hier liegt ein Vorschlag der Kommission vor, den Deutschland aber ausbremst. Man muss wissen: Begrenzt ist der Handlungsspielraum für einzelne Staaten; beim Datenschutz ist vor allem Europa gefragt. Nur dann ist man auch auf Augenhöhe mit den USA und den global agierenden Unternehmen. Ansonsten nicht.

Könnten auch deutsche Nutzer vom aktuellen Datenskandal betroffen sein?

SCHAAR Grundsätzlich ja. Die Wege, über die Cambridge Analytica an die Daten herangekommen ist, stehen vielen App-Entwicklern offen. Außerdem werden viele Mitglieder des Netzwerks in den USA Kontakte nach Deutschland haben. Deswegen muss man davon ausgehen, dass unter den 50 Millionen Betroffenen etliche Deutsche sind.

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