Experten sehen schwere Mängel in Altenheimen

Witten/Saarbrücken. Die Bewohner deutscher Altenheime haben ein hohes Risiko, nicht ausreichend ernährt zu werden. Nach einer Studie der Universität Witten/Herdecke, die gestern vorgestellt wurde, ist knapp jeder zweite Bewohner von dem Missstand bedroht. Grund sei unter anderem der Personal- und Zeitmangel in den Heimen

Witten/Saarbrücken. Die Bewohner deutscher Altenheime haben ein hohes Risiko, nicht ausreichend ernährt zu werden. Nach einer Studie der Universität Witten/Herdecke, die gestern vorgestellt wurde, ist knapp jeder zweite Bewohner von dem Missstand bedroht. Grund sei unter anderem der Personal- und Zeitmangel in den Heimen. Die Pflegewissenschaftler kritisieren zudem den schlechten Ausbildungsstand der Betreuungskräfte: Sie könnten eine Mangelernährung der Bewohner nicht frühzeitig genug erkennen. Nur etwa die Hälfte des Personals seien als Altenpfleger vollständig ausgebildet. Basis der Studie waren Befragungen in 73 Altenpflegeeinrichtungen mit insgesamt 6000 Bewohnern im April. Das höchste Risiko für eine Mangelernährung haben Demenzkranke. Nach dem Ergebnis der Studie liegt es bei rund 60 Prozent. Das zweithöchste Risiko tragen Senioren, die sich nicht mehr bewegen können. Appetitlosigkeit, mangelndes Durstgefühl, schwere Krankheit und Schluckbeschwerden seien die häufigsten Ursachen für Mangelernährung, sagte die Pflegewissenschaftlerin Sabine Bartholomeyczik. Zudem fehle ihnen Hilfe beim Essen oder Trinken. Sven Reuther, Mitautor der Studie, sieht die Heime in der Pflicht. Die schlechte Betreuung sei auch durch immer weniger Personal in den Pflegestationen bedingt: "Da wird vieles einfach übersehen."Der Münchner Pflege-Experte Claus Fussek (Foto: dpa) sieht sich durch die Studie in seiner Kritik bestätigt. Die Missstände seien seit Jahren bekannt. "Alle wissen das. Das ist eine gesellschaftliche Bankrott-Erklärung", sagte Fussek unserer Zeitung. Es könne und dürfe nicht sein, dass Menschen in deutschen Pflegeheimen unter Mangelernährung litten - "in einer Gourmet-Gesellschaft in einem der reichsten Länder der Welt".Bereits bei einer Qualitätsprüfung aus dem Jahr 2007 hatte sich gezeigt, dass rund ein Drittel der Heimbewohner mit Essen und Trinken unterversorgt war. Zudem hatte der Medizinische Dienst des Spitzenverbands der Krankenkassen damals ermittelt, dass zehn Prozent der Senioren durch schlechte Pflege körperlich Schaden nehmen. epd/kna/jöw

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