Experten: Aus Armut führt kein Weg heraus

Berlin. Menschen mit wenig Geld bekommen nach Einschätzung von Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbänden immer seltener die Chance, sich aus der Armutsfalle zu befreien. Die Nationale Armutskonferenz hält der Bundesregierung deshalb Versagen in der Sozialpolitik vor. Armut habe sich in Deutschland verfestigt, sagte gestern die Vizesprecherin des Gremiums, Michaela Hofmann

Berlin. Menschen mit wenig Geld bekommen nach Einschätzung von Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbänden immer seltener die Chance, sich aus der Armutsfalle zu befreien. Die Nationale Armutskonferenz hält der Bundesregierung deshalb Versagen in der Sozialpolitik vor. Armut habe sich in Deutschland verfestigt, sagte gestern die Vizesprecherin des Gremiums, Michaela Hofmann. Bereits seit 2007 liege die Armutsquote zwischen 14 und 16 Prozent, dies sei skandalös. "Armut ist politisch gewollt", so Hofmann. Abzulesen sei dies an unzureichenden Hartz-IV-Sätzen sowie dem weiter wachsenden Niedriglohn-Sektor. Die Weichen dafür habe der Gesetzgeber gestellt. Nach Angaben der Armutskonferenz erhalten rund 7,6 Millionen Menschen in Deutschland staatliche Leistungen, um das Existenzminimum zu sichern.

In der Bundesregierung gebe es die Tendenz, Armutsrisiken kleinzureden und eine ungerechter gewordene Einkommensverteilung zu beschönigen, kritisierte der Sozialwissenschaftler Walter Hanesch. Zur wirksamen Armutsbekämpfung müsste der Staat nicht mehr Geld für Sozialleistungen ausgeben, sondern die Mittel sinnvoller verteilen. Dass ein gewichtiger Teil der Familienleistungen insbesondere Gutverdienern zuteil werde, sei ungerecht.

Vor Schwarzmalerei warnte dagegen der wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium. Vor allem unter den Senioren sei Armut kein verbreitetes Problem. Nach Angaben des Beirats sind 2,6 Prozent der über 65-Jährigen auf Grundsicherung im Alter angewiesen. In den nächsten Jahren werde die Quote auf maximal fünf Prozent steigen, im besten Fall gehe sie jedoch auf 2,3 Prozent zurück. Das Gremium wandte sich deshalb entschieden gegen die von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen geplante "Lebensleistungsrente" für langjährig Versicherte. Das Modell belaste Beitrags- und Steuerzahler, zudem werde der Arbeitsanreiz gedämpft. Von der Leyen ließ die Kritik nicht gelten. Altersarmut dürfe gar nicht erst entstehen, sagte sie. , Seite A 4: Meinung dpa/epd/dapd

Foto: dpa

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