Ex-Außenminister in Nordkorea Gabriels Privat-Diplomatie ohne Berliner Segen

Pjöngjang/Berlin · So sieht also eine Privatreise von Sigmar Gabriel aus. Schon kurz nach seiner Ankunft in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang wird der SPD-Bundestagsabgeordnete von einem der wichtigsten Außenpolitiker des totalitären Staates empfangen: Ri Su Yong, Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses der Obersten Volksversammlung.

Ex-Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) will Nordkoreas Entwicklung ausloten.

Ex-Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) will Nordkoreas Entwicklung ausloten.

Foto: dpa/Jens Büttner

Um seine Reise zu rechtfertigen, hat Gabriel ausgerechnet US-Präsident Donald Trump bemüht. „Nachdem Donald Trump sich zweimal mit dem Diktator dort getroffen hat, finde ich, kann man mal gucken“, sagte er vergangene Woche. Er wolle „Witterung“ aufnehmen zu einem Land in einer Situation, die „nicht so völlig weg ist von der deutschen Teilung“.

Gabriel ist der wohl prominenteste Politiker der Bundesrepublik Deutschland, der je Nordkorea besucht hat. Zu Zeiten des Kalten Krieges hatte zwar die DDR ein enges Verhältnis zu dem kommunistischen Land, die Bundesrepublik aber gar keine diplomatischen Beziehungen. Das änderte sich erst 2001. Seitdem sind zwar immer wieder Parlamentarier nach Nordkorea gereist, aber noch nie war ein ehemaliger Außenminister, Vizekanzler und Vorsitzender einer Regierungspartei dort.

Der 59-Jährige hat die einwöchige Reise, die am Samstag endet, auf eigene Faust organisiert. Dem Auswärtigen Amt meldete er sie als privat an, deswegen wird er auch nicht von der deutschen Botschaft betreut. In dem Ministerium wird die Reise skeptisch gesehen. Ein Sprecher betonte, dass Gabriel „nicht im Auftrag der Bundesregierung“ nach Nordkorea reise. Man kenne auch das konkrete Programm nicht. „Wir haben jedoch dem Büro von Herrn Gabriel die Reise- und Sicherheitshinweise für Nordkorea übermittelt.“ Das konnte man auch als verschlüsselte Botschaft verstehen. Denn der erste Satz dieser Hinweise lautet: „Von nicht erforderlichen Reisen in die Demokratische Volksrepublik Nordkorea wird abgeraten.“

Zum harten Kurs der Bundesregierung gegenüber Nordkorea passt eine solche Reise nicht. Sie setzt trotz Entspannungspolitik Trumps auf Sanktionen, um dem Ziel einer Einstellung des Atomprogramms des kommunistischen Landes näher zu kommen. „Wir sehen nicht, dass die Ergebnisse schon da sind. Und deshalb ist es wichtig, auch die Sanktionen gegenüber Nordkorea in keinster Weise zu lockern“, sagt der amtierende Außenminister Heiko Maas (SPD). „Der Druck muss hoch bleiben.“

Gabriel erhält aber auch Unterstützung. Die Vorsitzende der deutsch-koreanischen Parlamentariergruppe, die CDU-Politikerin Katharina Landgraf, findet die Aktion Gabriels gut. Der CSU-Politiker Hartmut Koschyk, der das weitgehend abgeschottete Land seit 2002 etwa 15 Mal besucht hat und es so gut kennt wie kein anderer deutscher Politiker, plädiert ebenfalls für Dialog. „Die Parlamentarierreisen sind wichtig, damit Deutschland bei dem Thema überhaupt noch stattfindet“, sagt der Vorsitzende des Deutsch-Koreanischen Forums, in dem sich Fachleute um die Förderung der Beziehungen mit beiden Koreas kümmern.

Nach Ansicht Koschyks hat Deutschland angesichts guter diplomatischer Kontakte zu Pjöngjang das Potenzial, eine größere Rolle bei der Suche nach einer Lösung im Streit um die atomare Bewaffnung Nordkoreas zu spielen. Er verweist darauf, dass die amerikanisch-nordkoreanischen Gespräche zur Vorbereitung des Gipfels von US-Präsident Trump und Machthaber Kim Jong Un im vietnamesischen Hanoi in der schwedischen Hauptstadt Stockholm stattgefunden haben. „Früher wäre Deutschland Gastgeber solcher Gespräche gewesen“, sagt Koschyk. „Das zeigt, wie sich die Rolle Deutschlands in Sachen Nordkorea verschoben hat.“

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