Europas neue Milliarden gegen den Klimawandel

Das Klima ist gut. "Alle haben in den Topf eingezahlt. Das bedeutet ein außerordentlich gutes, solidarisches Signal", bilanzierte die Kanzlerin am Freitag das Ringen der 27 Staats- und Regierungschefs der EU um ein "gutes Angebot für die ärmeren Länder

Das Klima ist gut. "Alle haben in den Topf eingezahlt. Das bedeutet ein außerordentlich gutes, solidarisches Signal", bilanzierte die Kanzlerin am Freitag das Ringen der 27 Staats- und Regierungschefs der EU um ein "gutes Angebot für die ärmeren Länder." 7,2 Milliarden Euro bringt die EU zwischen 2010 und 2012 als Anschubfinanzierung auf, damit die Dritte Welt beim Klimaschutz mitmachen kann. Von den 2,4 Milliarden pro Jahr trägt Deutschland 420 Millionen Euro. Nur Großbritannien spendiert mit 1,7 Milliarden mehr. Dennoch saß sie die halbe Nacht im Brüsseler Ratsgebäude, um - zusammen mit dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy, dem schwedischen Kollegen und Ratspräsidenten Fredrick Reinfeldt und Kommissionschef José Manuel Barroso - die anderen Kollegen weichzukochen. Als besonders harter Brocken erwies sich einmal mehr Polens Premier Donald Tusk. Am Ende stimmte auch Tusk zu. Nur einer "hatte an einem bestimmten Punkt von dem Gerangel genug" und verschwand: Silvio Berlusconi. Während alle anderen um einen Durchbruch rangen, umgab er sich mit den jugendlichen Delegierten eines Nachwuchskongresses. "Wir fahren entschlossen und geschlossen nach Kopenhagen", sagte Londons Premier Gordon Brown. Kurz zuvor hatte er mit Sarkozy noch Einigkeit demonstriert, um Gerüchte über einen angeblichen Krach zu zerstreuen: "Nein, wir verstehen uns bestens". Stattdessen fanden die "Chefs" der EU ihre neuen Gegner: "Was die USA und China, aber auch Russland bisher als Reduktionsziele angeboten haben, reicht nicht", sagten die Kanzlerin und ihre Kollegen. Was Europa von den anderen trennt, sind dabei nicht so sehr die Prozentziele zum CO2-Abbau, sondern eher Meinungsverschiedenheiten über den Weg. "Ohne globale Einführung eines Emissionshandelssystems sind die Kosten für den Klimaschutz nicht aufzubringen", war sich Merkel sicher. Doch andere Industrienationen befürchten, dass die zusätzlichen Lasten ihre Wirtschaft zurückwerfen könnten. Wohl auch deshalb holten die Staats- und Regierungschefs das eigentlich ungeliebte Instrument einer Steuer auf grenzüberschreitende Finanztransaktionen wieder hervor. Nun soll der Internationale Währungsfonds alle "Optionen einschließlich Versicherungsgebühren, Abwicklungsfonds sowie eine Steuer auf globale Finanztransaktionen prüfen", heißt es im Schlussdokument. Die Erlöse könnten genutzt werden, um die 100 Milliarden Euro (der EU-Anteil liegt bei 30 Prozent) aufzubringen, die bis 2020 zur Eindämmung des Klimawandels in den Entwicklungsländern nötig sind. Im günstigsten Fall, so rechnete ein Umweltexperte vor, könne der Großteil der dort notwendigen Investitionen aus Emissionshandel und Finanz-Steuer bestritten werden. Das alles funktioniert aber nur, wenn die nächste Woche weitere Durchbrüche bringt. "Wir haben unsere Aufgaben erledigt", bilanzierte EU-Ratspräsident Reinfeldt. "Jetzt sind die anderen am Zug."

Auf einen Blick Das EU-Angebot für Kopenhagen: 20 Prozent weniger Kohlendioxid (Basisjahr 1990) bis 2020 bleiben das Mindestziel. Die EU will eigentlich 30 Prozent weniger schaffen, braucht dazu aber die Hilfe der anderen Industriestaaten. Das langfristige Ziel: 95 Prozent weniger CO2 im Jahr 2050. Bis 2020 müssen weltweit 100 Milliarden Euro für die ärmeren Länder aufgebracht werden. Der EU-Anteil liegt bei 30 Prozent. In der Startphase zahlt Europa 7,2 Milliarden Euro. Nur ein geringer Teil des gesamten Programms soll aus den Haushalten, der Großteil aus den Erlösen des Handels mit Emissionszertifikaten kommen. Eine Steuer auf Finanztransaktionen soll geprüft werden.dr

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