„Europa sollte mit einer Stimme sprechen“

US-Präsident Obama will Kanzlerin Merkels Handy nicht mehr abhören. CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach fordert im Gespräch mit SZ-Korrespondent Stefan Vetter, diese Praxis auf ganz Deutschland auszuweiten.

Herr Bosbach, können Sie irgendeine Änderung in der US-Geheimdienstpraxis erkennen?

Bosbach: Die von Präsident Obama angekündigten Reformen beziehen sich nicht auf Art und Umfang der weltweiten Datenausspähung durch die NSA, sondern auf die Modalitäten ihrer Auswertung, inklusive einer stärkeren richterlichen Kontrolle. Das heißt, an der bisherigen Ausspähpraxis soll sich wohl nichts grundlegend ändern.

Obama hat aber versichert, das Handy der Kanzlerin künftig zu verschonen.

Bosbach: Das allein kann Deutschland nicht beruhigen. Es geht ja um die Wahrung des Post- und Fernmeldegeheimnisses der gesamten Bevölkerung.

Nun hält der Generalbundesanwalt offenbar ein Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem ausgespähten Merkel-Handy für geboten. Was bringt das?

Bosbach: Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wäre ein wichtiges Signal dafür, dass Deutschland den Abhörvorgang sehr ernst nimmt und dieser nicht ohne rechtliche Konsequenzen bleiben kann. Ich fürchte nur, dass die strafrechtlich Verantwortlichen kaum zu belangen sein dürften. Denn ein solches Ermittlungsverfahren richtet sich ja immer gegen Personen und nicht gegen Staaten oder Institutionen.

Also doch nur eine Schaufensterveranstaltung?

Bosbach: Selbst wenn feststünde, dass das Handy von amerikanischer Seite abgehört wurde, wird der Generalbundesanwalt erhebliche Probleme haben, bestimmten Personen nachzuweisen, dass sie in Deutschland Strafgesetze verletzt haben. Denn ein Ermittlungsverfahren führt nur dann zur Anklage, wenn bestimmten Personen nachgewiesen werden kann, dass sie das Abhören veranlasst oder durchgeführt haben.

Hat Deutschland kein Druckmittel, um den USA ein klares Nein gegen Schnüffeleien abzuringen?

Bosbach: Ganz wichtig wäre es, wenn die EU-Staaten hier mit einer Stimme sprechen würden. Was sie aber, siehe Großbritannien, leider nicht tun. Die Briten sind nachrichtendienstlich ähnlich aktiv wie die Amerikaner. Gerade deshalb müssen die Kapitel zum Datenschutz und zur Datensicherheit bei den Verhandlungen zwischen der EU und den USA über ein Freihandelsabkommen eine zentrale Rolle spielen.

Das gesamte Interview steht im Netz unter www.saarbruecker-zeitung.de/berliner-buero

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