Europa ist verunsichert, Mexiko entsetzt

Brüssel/Mexiko-Stadt · Als Kandidat teilte Donald Trump kräftig aus: Er wolle eine Mauer gegen die Mexikaner bauen und raus aus der Nato. Am Tag danach reagieren westliche Bündnisse nur verhalten auf seinen Sieg. Und in Mexiko geht die Angst um.

In den offiziellen Glückwunschtelegrammen der EU ist von der wahren Befindlichkeit wenig zu spüren. "Wir übermitteln unsere ehrliche Gratulation zu Ihrer Wahl zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika", schrieben EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionschef Jean-Claude Juncker gestern an Donald Trump . Und sie schoben eine Einladung nach Brüssel zu einem Treffen im Rahmen der EU-USA-Konsultationen nach.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg meinte, eine "starke Allianz ist gut für die Vereinigten Staaten und gut für Europa". Er rief Trump auf, das Engagement der USA im Bündnis nicht zu reduzieren. Trump hatte sich in seinem Wahlkampf wiederholt kritisch zur Nato geäußert.

Abseits der offiziellen Grußphrasen wurden andere deutlicher. Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD ) richtete den Blick etwa auf Trumps populistische Äußerungen während des Wahlkampfes. "Der Protest kommt in die Wahlurne", sagte Schulz. Europa ist verunsichert, die Stimmungstiefs reichten noch tiefer als nach dem Brexit-Votum der Briten. Weil viel zu viel unklar ist. Offizielle Kontakte zu Donald Trump gab es von Seiten der EU bisher nicht. Also beschränkt man sich einstweilen auf Spekulationen.

Unterdessen erwachte Mexiko-Stadt gestern seltsam gedämpft. Viele Mexikaner hatten erst in den Morgennachrichten erfahren, dass Donald Trump , der Mann, für den die Mexikaner vor allem Verbrecher und Vergewaltiger sind, neuer Präsident der USA wird: "Wir zahlen die Zeche", ärgerte sich ein Passant. Auch Präsident Enrique Peña Nieto konnte sich kaum eine Gratulation abringen. "Ich gratuliere den US-Bürgern zu ihrem Wahlprozess und erneuere an Donald Trump die Bereitschaft der Zusammenarbeit in den bilateralen Themen," schrieb er auf Twitter .

Trump als Präsident löst in Mexiko Panik aus, nicht nur wirtschaftliche. Auch fragt man sich: Wird die Mauer kommen, die Trump angekündigt hat? Werden jetzt Millionen Mexikaner aus den USA deportiert? Analysten wollen eine tief gehende Krise nicht ausschließen, wenn Trump umsetzt, was er angedroht hatte. Die Tageszeitung "Reforma" nannte den Sieg ein "Erdbeben". Der Analyst Jorge Zepeda Patterson sagt: "Trumps Sieg ist eine Nicht-Naturkatastrophe mit viel längeren und verheerenden Auswirkungen".

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