Euro-Krise erreicht die deutsche Wirtschaft

Berlin · Die deutsche Wirtschaft gerät ins Stocken. Der Optimismus der Firmen verfliegt, viele denken schon an Kurzarbeit. Experten sehen die Schuld bei Konflikten wie in der Ukraine und noch immer in der Euro-Krise.

Nach einer langen Phase von Erfolgsmeldungen häufen sich nun die Symptome für einen bevorstehenden Abschwung der deutschen Wirtschaft. Gestern wurde bekannt, dass viele Betriebe in der Republik offenbar wieder stärker mit Kurzarbeit kalkulieren. Von den insgesamt 156 Arbeitsagenturen registrierten im September 25 einen entsprechenden Bedarf. Im August waren es noch lediglich 13 gewesen. Auch bei den Wirtschaftsforschern ist der Optimismus weitgehend verflogen. "Streng genommen ist das Jahr 2014 ein Stagnationsjahr", hieß es gestern beim arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW).

Noch glänzt das Land als europäisches Vorbild. Aber die Ukraine-Krise sowie die eher mäßige Binnenkonjunktur samt allgemeiner Flaute im Euro-Raum lassen viele deutsche Unternehmer mit Sorge in die Zukunft schauen. Davon zeugt nicht nur der vom Münchner Ifo-Institut ermittelte Geschäftsklima-Index, der nun schon im fünften Monat hintereinander gefallen ist. Auch die Auftragseingänge in der Industrie schwächeln. Im Mai und Juni gab es sogar einen Rückgang.

Die Zunahme des Interesses der Unternehmen an Kurzarbeit ist für den Chef des IW, Michael Hüther , zwar noch kein Grund zu größerer Beunruhigung. Trotzdem korrigierte das Kölner Wirtschaftsforschungsinstitut seine ursprüngliche Konjunkturprognosen gestern um jeweils fast einen halben Prozentpunkt nach unten - auf je 1,5 Prozent in 2014 und 2015. In den vergangenen Tagen hatten schon mehrere andere Institute ihre Vorhersagen abgespeckt. Auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD ) hat inzwischen eingeräumt, dass die Prognose der Bundesregierung von 1,8 Prozent Wachstum in diesem Jahr doch nicht erreicht werden könnte. Denn bislang gab es im ersten Quartal zwar ein Plus von 0,8 Prozent. Im zweiten Quartal ging die Wirtschaftsleistung aber um 0,2 Prozent zurück.

"Manche Illusionen platzen gerade", sagte der Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, Gustav Horn, gestern unserer Zeitung. Die Hauptursache für die gedrückte Stimmung sieht er in der noch nicht überwundenen Euro-Krise. "Das heißt, auf einem sehr wichtigen Export-Markt - Stichwort europäische Krisenländer - werden nicht großartig deutsche Waren nachgefragt", so Horn.

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