EU will Wirtschaft auf Trab bringen

Brüssel. Arbeitsplätze für mindestens 75 Prozent der 20- bis 64-Jährigen, 40 Prozent der Schulabgänger sollen einen Hochschulabschluss bekommen - das sind die ehrgeizigen Ziele, die Europa bis 2020 erreichen will. "Wir brauchen ein neues Wirtschaftsmodell" forderte Kommissionspräsident José Manuel Barroso, als er gestern die Agenda "Europa 2020" vorstellte

Brüssel. Arbeitsplätze für mindestens 75 Prozent der 20- bis 64-Jährigen, 40 Prozent der Schulabgänger sollen einen Hochschulabschluss bekommen - das sind die ehrgeizigen Ziele, die Europa bis 2020 erreichen will. "Wir brauchen ein neues Wirtschaftsmodell" forderte Kommissionspräsident José Manuel Barroso, als er gestern die Agenda "Europa 2020" vorstellte. Der Entwurf für den EU-Gipfel in drei Wochen sieht vor, dass die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten "eng miteinander verwoben" und gleichzeitig der zentralen Aufsicht aus Brüssel unterstellt wird. Geplant seien "länderspezifische Empfehlungen und politische Warnungen". Strafen oder andere Rechtsinstrumente, die gegen ein Land bei Nichterreichen der Ziele verhängt werden könnten, sind nicht vorgesehen. "Wir brauchen diese Koordinierung mehr denn je", sagte der Portugiese. "Gelingt uns dies nicht, so könnten wir ein verlorenes Jahrzehnt erleben, geprägt durch einen relativen Niedergang, dauerhaft eingeschränktes Wachstum und ein hohes Maß an struktureller Arbeitslosigkeit". "Unsere Vision" ist ein intelligentes Wachstum mit Investitionen in Bildung und Forschung, nachhaltiges Wachstum mit Förderung einer schadstoffarmen Wirtschaft und integratives Wachstum, bei dem soziale Sicherheit und Beschäftigung forciert werden. "Wir haben vielleicht nicht unbegrenzt Erdöl- und Erdgasreserven. Aber wir haben unbegrenzte geistige Reserven", die es nun zu heben gelte, erklärte Barroso. Deshalb müsse sich die EU auch als weiteres Ziel setzen, 20 Millionen Betroffene aus der Armut herauszuholen. Das Programm des Kommissionspräsidenten ist umstritten. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte schon vorab davor gewarnt, die beabsichtigten Mechanismen zur Überwachung mit den Instrumenten des Euro-Paktes zu vermischen. Noch tiefer aber reicht der Konflikt, wenn es um den Vorschlag einer Wirtschaftsregierung geht. Barroso will diese Aufgabe der Koordination der nationalen Handelspolitiken und ihre Ziele bei der Kommission ansiedeln. Der Lissabonner Vertrag ermöglicht diese Kompetenzerweiterung. Dagegen sieht die Kanzlerin die Runde der Staats- und Regierungschefs in der Pflicht. Sie fürchtet offenbar Tendenzen, die es in Brüssel gibt, die Kommission zu einer Art europäischen Regierung aufzubauen, die weitgehend dem Zugriff der "Chefs" entzogen wäre. Vor dem Hintergrund der griechischen Finanzprobleme und des sinkenden Euro-Kurses will der EU-Gipfel Ende des Monats beraten, wie eine engere Verzahnung der Wirtschaftspolitik aussehen könnte.

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