EU will im Müll nach Rohstoffen suchen

Brüssel. Dass Europas Müllberge einmal im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert sein könnten, hat wohl niemand gedacht. Dort liegen nämlich "Millionen Leiterplatten aus alten Computern, die pro Tonne 250 Gramm Gold enthalten", sagt Christian Hagelüken von der Brüsseler Recyclingfirma Umicore. Das ist 50 Mal mehr, als Südafrika aus jeder Tonne Gestein seiner Minen herausholt

Brüssel. Dass Europas Müllberge einmal im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert sein könnten, hat wohl niemand gedacht. Dort liegen nämlich "Millionen Leiterplatten aus alten Computern, die pro Tonne 250 Gramm Gold enthalten", sagt Christian Hagelüken von der Brüsseler Recyclingfirma Umicore. Das ist 50 Mal mehr, als Südafrika aus jeder Tonne Gestein seiner Minen herausholt. Die Entdeckung von Müll, alten Gebäuden und schrumpfenden Städten als stille Reserven entlarvt Europas neue Krise: Den Herstellern gehen die Rohstoffe aus. Bei 14 von 41 so genannten seltenen Erden hat EU-Handelskommissar Karel de Gucht (Belgien) bereits eine "kritische Versorgungslage" ausgemacht. Zu den knappen Stoffen gehören unter anderem Magnesium und Graphit, aber auch Kobalt für die Herstellung von Akkus und synthetischen Kraftstoffen. Gallium für Sonnenkollektoren fehlt genauso wie Germanium zur Produktion von Fiberglas-Kabel.Die EU-Kommission will nun außenpolitisch aktiv werden. China, in dessen Böden 97 Prozent der "seltenen Erden" vermutet werden und dass eine Reduzierung seines Exports angekündigt hat, soll vor der Welthandelsorganisation verklagt werden. Entwicklungsländern wie dem Kongo (Hauptlieferant von Kobalt) oder auch Brasilien (90 Prozent des Legierungsstoffes Niob stammt von dort) droht man mit dem Entzug von Handelsprivilegien. Das Problem: Europa ist auf die großen Exporteure angewiesen. Zwar gebe es "erfolgversprechende Verhandlungen" mit China, der Mongolei, Russland, Kasachstan, Weißrussland und Aserbaidschan. Doch auf Dauer könne, so argumentierte man in Brüssel, Europa nicht derart abhängig bleiben.

Deshalb bleibt nur eine Lösung: Der Schatz in den Mülldeponien muss gehoben werden. Im hessischen Reiskirchen findet bereits ein Versuch statt. Dort vermuten Forscher in einem einzigen Abfallberg Rohstoffe mit einem Wert von etwa 65 Millionen Euro. Das belegen auch Zahlen der EU-Kommission. 15 Prozent der weltweiten Kobalt-Produktion, 13 Prozent des Palladiums und drei Prozent der jährlichen Gold- und Silberernte landet in Handys und Computern. Schon 41 Mobiltelefone enthalten so viel Gold wie eine Tonne Gold-Erz. dr

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