EU hilft Europas Milchbauern "Mehr Geld für Schulmilch in die Hand nehmen"

Brüssel. 50 Millionen Euro für die deutschen Landwirte zusätzlich - doch der Bauernverband (DBV) ist unzufrieden. "Das ist eine unmoralische Politik gegenüber den Landwirten", schimpfte DBV-Chef Gerd Sonnleitner gestern in Luxemburg, wo die Agrarminister der Gemeinschaft zusammengekommen waren

Brüssel. 50 Millionen Euro für die deutschen Landwirte zusätzlich - doch der Bauernverband (DBV) ist unzufrieden. "Das ist eine unmoralische Politik gegenüber den Landwirten", schimpfte DBV-Chef Gerd Sonnleitner gestern in Luxemburg, wo die Agrarminister der Gemeinschaft zusammengekommen waren. Schließlich habe die Regierung in den letzten Monaten Banken und Auto-Industrie mit zig Milliarden unter die Arme gegriffen. "Die Situation der Bauern aber hat sich immer weiter verschlimmert und man hat nur zugesehen."

Dabei hatte EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel ihre "Tasche geleert und heraus fielen 280 Millionen Euro" für alle europäischen Milchbauern, die 2010 zusätzlich ausgegeben werden können. Die EU-Finanzminister müssen ebenso wie das Europäische Parlament noch zustimmen. Von dort ist allerdings heftiger Widerstand zu erwarten. Denn die Straßburger Abgeordneten hatten zwischen 500 und 600 Millionen Euro gefordert.

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sieht in dem Zuschuss wenigstens "ein gutes Zeichen". Mit dem Geld sollen die Bundesländer Grünlandgebiete weiter fördern und vor allem Programme zur kostenlosen Ausgabe von Schulmilch auflegen. Denn das größte Problem der Milchproduzenten sei ein "gesättigter Markt, der zu wenig Nachfrage" zeige.

Dennoch gibt es offenbar erste "Signale der Entspannung". Johannes Laitenberger, Sprecher von Kommissionspräsident José Manuel Barroso, erklärte gestern in Brüssel, man sehe "positive Zeichen". Auch bei den Ministern in Luxemburg hieß es angesichts erneuter heftiger Demonstrationen von Betroffenen vor dem Ratsgebäude, die Landwirte erhielten bereits wieder 28 Cent für jeden Liter Milch. Vor wenigen Wochen waren es noch 20 Cent.

Wohin mit der Milch?

Trotzdem leiden viele Höfe weiter unter den fehlenden Einnahmen und Absatzmöglichkeiten für ihre Milch und fordern deshalb neben solchen Überbrückungshilfen staatliche Eingriffe zur Begrenzung der Produktion. Lediglich eine Verknappung des Angebotes könne die Kosten so stabilisieren, dass die Milchproduktion wirtschaftlich werde. Davon wollen die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft aber nichts wissen.

In Brüssel verweist man die Landwirte nun auf ein eilends geschnürtes Paket, das in wenigen Tagen beschlossen werde. So sollen die Landwirte künftig 15 000 Euro pro Jahr an Staatshilfen ohne Genehmigung der EU bekommen können, um Kreditengpässe zu überbrücken. Bisher waren es 7500 Euro. Bei Butter- und Milchpulver will die Kommission schneller mit Aufkäufen in den Markt eingreifen. Und die seit Jahresanfang wieder eingeführten, aber auch umstrittenen Exportbeihilfen werden fortgeführt. Nun warten alle Beteiligten noch auf das wichtigste Papier der Kommission: eine Untersuchung über die Preisbildung zwischen Milchproduzenten und Einzelhandel. Saarbrücken. Die saarländischen Landwirte halten die von der EU geplanten Zuschüsse für "bei weitem nicht ausreichend". Allerdings sieht der Geschäftsführer des Bauernverbandes, Hans Lauer, nun gestiegene Chancen, den Milchabsatz insgesamt in der Region zu steigern. Mit den EU-Hilfen könne man ein flächendeckendes Angebot von Schulmilch an den saarländischen Bildungseinrichtungen organisieren: beginnend schon in Kindergärten über die Grund-, Real- und Gesamtschulen bis hin zu den Gymnasien. Allerdings müssten auch die Schüler bereit sein, ihren Anteil zu leisten und zwischen 30 bis 40 Cent für Milchprodukte auszugeben. Studien im Ausland hätten erwiesen, so Lauer, dass junge Menschen, die in den regelmäßigen Genuss gut schmeckender Milchprodukte kommen, auch in späteren Jahren der Milch die Treue halten. Deshalb seien die EU-Finanzhilfen eher als eine langfristig wirkende Unterstützung anzusehen. Kurzfristig werde mit dem Geld keinem Landwirt geholfen.

Lauer erwartet eine deutliche Verbesserung der Lage für Landwirte erst 2015. Ab dann verzichte die EU auf die derzeit vorgeschriebenen Milchquoten für die EU-Mitgliedsstaaten. Jeder Landwirt könne fortan wieder selber festlegen, wie viel Milch er produziert. Doch auch schon kurzfristig erwartet Lauer eine leichte Entspannung für Saar-Landwirte. In den kommenden drei bis vier Monaten sei mit einem Anstieg der Milchpreise um vier bis sechs Cent zu rechnen. Dazu trage die Milch-Produktion für Käseprodukte bei, die in den Export gehen. Ebenso die Erzeugung von Milchpulver-Produkten, die mit Wasser angereichert werden und sich besonders in Asien großer Beliebtheit erfreuten. ts

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