EU und Migration EU gibt Berlin Milliarden für Flüchtlinge

Brüssel · Kanzlerin Merkel fordert seit langem, bei der Verteilung von EU-Geldern den Einsatz für Flüchtlinge zu berücksichtigen. In Brüssel scheint ihr Ruf gehört worden zu sein.

Hunderttausende Kriegsflüchtlinge aus Syrien kamen 2015 nach Deutschland. Das Foto zeigt eine Gruppe Migranten, die im bayerischen Wegscheid hinter einem Fahrzeug der Bundespolizei hergehen. Jetzt soll für Aufnahme und Integration von Flüchtlingen aus Brüssel Geld fließen.

Hunderttausende Kriegsflüchtlinge aus Syrien kamen 2015 nach Deutschland. Das Foto zeigt eine Gruppe Migranten, die im bayerischen Wegscheid hinter einem Fahrzeug der Bundespolizei hergehen. Jetzt soll für Aufnahme und Integration von Flüchtlingen aus Brüssel Geld fließen.

Foto: dpa/Armin Weigel

Die Kanzlerin hat sich durchgesetzt. Im nächsten Haushalt der EU bekommt Deutschland einen Zuschlag für seine Bemühungen um die Aufnahme von Flüchtlingen. Anstatt Widerständler durch den Entzug von Fördermitteln zu bestrafen, sollen engagierte Mitgliedstaaten ab 2021 entlastet werden.

Zunächst sah alles nach einer Niederlage für Angela Merkel aus. Als sich die Staats- und Regierungschefs im Februar zu einem Sondergipfel über die Finanzen für die sieben Jahre ab 2021 trafen, wurde die Forderung nach einer Bestrafung jener Staaten, die keine Migranten aufgenommen hatten, brüsk zurückgewiesen. Doch inzwischen steht fest: Die Union wird alle Länder, die ihren Grenzen öffneten, auf andere Weise „belohnen“. Bis zu 2800 Euro soll es demnächst pro aufgenommenem Flüchtling aus der Gemeinschaftskasse geben. Deutschland kann mit 4,5 Milliarden Euro rechnen, um die Aufwendungen von Bund, Länder und Kommunen abzufedern. Haushaltskommissar Günther Oettinger baute in seinen Entwurf einen Trick ein: Aus dem Kohäsionsfond wurden bisher nahezu ausschließlich Projekte der Mitgliedstaaten für den Erhalt der Infrastruktur bezuschusst. Ab 2021 will die Kommission aber mehrere Töpfe zusammenlegen und die Vergabe-Kriterien erweitern. Somit können sich die Aufnahmeländer nun auch für die Integration von Zuwanderern unterstützen lassen. Nach Informationen aus dem Umfeld der Kommission sollen die Gelder für alle Migranten ausgeschüttet werden, die seit 2013 in die Gemeinschaft gekommen sind. Das Statistische Amt der EU gibt deren Zahl mit rund 1,7 Millionen Menschen an. Etwa die Hälfte davon übernahm die Bundesrepublik allein im Jahr 2015.

Struktur-Gelder werden eigentlich nach einem bestimmten Schlüssel vergeben. Dabei spielt vor allem die Wirtschaftskraft der Staaten eine Rolle. Anders bei den Finanzmitteln zur Unterstützung der Flüchtlingsaufnahme: Die Kommission will dabei die Größe der Bevölkerungsgröße zugrunde legen sowie die Zahl der eingereisten Migranten – abgezogen werden diejenigen, die bereits wieder ausgereist sind. Damit ist klar: Auch jene deutschen Bundesländer, die eigentlich statistisch zu den reicheren europäischen Regionen gehören, können auf Unterstützung aus Brüssel setzen.

Für die Städte und Gemeinden, die seit dem Zustrom über die diversen Routen besonders belastet sind, ist das eine gute Nachricht. Denn sie mussten bisher darauf hoffen, dass ihre Aufwendungen für zusätzliche Plätze in Aufnahmezentren durch Zuschüsse des Bundes ausgeglichen werden. Politisch dürfte diese Umstellung im europäischen Haushalt auch für weitere Länder wichtig sein: Bisher hatten sich Griechenland und ganz besonders Italien beschwert, weil sie von den Partnern alleingelassen wurden. Rom hatte immer wieder darauf hingewiesen, dass das Land alleine 2018 rund 700 000 Flüchtlinge zu verkraften hat.

Die Bundesrepublik erhält nach dem jetzigen Entwurf der Kommission in der Zeit zwischen 2021 und 2027 rund 15,7 Milliarden Euro aus dem Kohäsionsfonds, rechnet man den zu erwartenden Inflationsausgleich hinzu, sind es sogar 17,7 Milliarden Euro. Diese Fördersumme fällt deutlich höher aus als erwartet, da wegen des Brexit eigentlich deutlich größere Einschnitten befürchtet worden waren. Nun ist klar, dass fast ein Drittel der künftigen Subventionen ein Ausgleich für die hohen Aufwendungen in der Flüchtlingskrise sind.

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