Es regierten Brüder und Schwestern im Geiste

Berlin. Von 1982 bis 1998 wurde die christlich-liberale Koalition unter Kanzler Helmut Kohl zum politischen Dauerbrenner. Einer der Gründe: Kohl hielt die Liberalen immer bei Laune. Große Irritationen gab es nur einmal - ausgerechnet nach dem Mauerfall 1989

Berlin. Von 1982 bis 1998 wurde die christlich-liberale Koalition unter Kanzler Helmut Kohl zum politischen Dauerbrenner. Einer der Gründe: Kohl hielt die Liberalen immer bei Laune. Große Irritationen gab es nur einmal - ausgerechnet nach dem Mauerfall 1989.

Auch Kanzlerin Angela Merkel wird sich in Zukunft stets daran erinnern lassen müssen, dass ihr ohne das für die Freidemokraten fantastische Wahlergebnis nur die Rückkehr in die ungeliebte große Koalition geblieben wäre. Das hat FDP-Chef Guido Westerwelle vorsorglich schon einmal zu verstehen gegeben. Die christlich-liberalen Rekordjahre werden die heutige CDU-Chefin und ihr Duzfreund Westerwelle kaum übertreffen können. Vorbild für die Zusammenarbeit sind sie aber schon.

Begonnen hatte die christlich-liberale Partnerschaft 1982/83. Bei der Bundestagswahl im März 1983 erreichten Union und FDP eine satte Mehrheit. Das zweite Kabinett Kohl stand nach nur 22 Tagen, wahrscheinlich bis heute ein Rekord für Regierungsbildungen. Der Wechsel der Liberalen vier Monate zuvor von der SPD zur Union, eingefädelt von Kohl und Hans-Dietrich Genscher, war mit dem Sturz von SPD-Kanzler Helmut Schmidt (Foto: ddp) verbunden. "CDU und CSU waren sich in diesen anstrengenden Märztagen rasch einig", notiert der Pfälzer in seinen Erinnerungen. "Als dann die Koalitionsverhandlungen mit der FDP begannen, überraschte mich die Kompromissbereitschaft auf allen Seiten", so der Alt-Kanzler weiter. Die Koalitionsvereinbarung hatte nur sechs Seiten. Vertrauen stand von Anfang an gegen Vertrauen.

Und dabei blieb es auch in den nächsten 15 Jahren. Die Ära Kohl ist zwar reich an Affären, mehrmals schien Kohl auch vor dem politischen Aus zu stehen, vor allem vor der deutschen Einigung. Die politischen Partner stützten sich gegenseitig. Als temporärer Quertreiber traten die CSU und ihr Parteichef Franz Josef Strauß auf.

Nie agierte die FDP-Spitze gegen Kohl oder versuchte, sich durch Alleingänge hervorzutun. "Die FDP war in dieser Zeit Korrektiv", sagt der Potsdamer Politologe Jürgen Dittberner. Gerade die FDP-Bundestagsfraktion habe immer versucht, die Koalition gar nicht erst in die Nähe einer Krise kommen zu lassen. Besonders deutlich wurde dies beim internen Tauziehen um den Großen Lauschangriff im Jahr 1995. Letztlich opferte damals die FDP-Führung sogar ihre damalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

Weggefährten aus der damaligen Zeit rühmen noch heute die Zusammenarbeit zwischen Union und FDP in höchsten Tönen, obwohl die Koalitionsverhandlungen nach 1983 längst nicht mehr so reibungslos liefen.

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