„Es darf richtig wehtun“

Der Münchner Jesuitenpater Dr. Benno Kuppler bezeichnet sich selbst als Wirtschaftsseelsorger. SZ-Redakteur Thomas Schäfer hat mit ihm über den Steuerfall Hoeneß, persönliche Gier und die Gefahren des Geldes gesprochen.

Pater Kuppler, dürfen Steuerbetrüger Steuersünder genannt werden?

Kuppler: Nein, das ist verharmlosend. Wenn sie Sünder wären, müssten sie zu mir ins Beichtzimmer kommen, Reue zeigen und Wiedergutmachung leisten. Man muss unterscheiden: Was verlangt das Gesetz und was ist moralisch gesollt. Das kann sehr verschieden sein.

Uli Hoeneß sorgt seit Monaten für Schlagzeilen. Können Sie sich sein Verhalten erklären?

Kuppler: Er hat sich selbst als spielsüchtig bezeichnet. Da stelle ich mir die Frage: Was hat er dagegen unternommen, hat er sich Hilfe geholt gegen diese Krankheit? Spielsucht kann nicht als Rechtfertigung herhalten, um Geld im Ausland zu verstecken. Das ist ein Erklärungsversuch, aber kein Entschuldigungsgrund. Ich bin für das, was ich tue, verantwortlich - egal, ob ich süchtig bin oder nicht.

Steuerbetrug scheint für einige eine Art Spiel zu sein.

Kuppler: Es stimmt, das hat schon auch was mit Poker zu tun: Habe ich mein Gesicht unter Kontrolle? Werde ich entdeckt und bloßgestellt? Das ist ein Nervenkitzel, da werden "Glückshormone" ausgeschüttet.

Warum sind es meist Menschen, die viel haben, die wenig abgeben wollen und deswegen Geld verstecken?

Kuppler: Das ist zunächst einmal persönliche Gier. Geld hat seinen ursprünglichen Charakter als Tauschmittel verloren, es ist zu einem "Rauschmittel" geworden. Man bekommt mit viel Geld das Gefühl, sich alles leisten und erlauben zu können.

Was macht Geld aus Menschen?

Kuppler: Geld stellt eine Gefährdung dar. Irgendwann meint man, sich nicht nur Dinge und Dienste kaufen zu können, sondern verdinglicht auch abhängige Menschen.

Welche Strafe halten Sie angemessen für Herrn Hoeneß?

Kuppler: Es ist nicht meine Aufgabe, über eine Strafe zu spekulieren. Dafür gibt es das Strafgesetzbuch und die Gerichte. Als Wirtschaftsseelsorger gilt, was ich so formuliere: Wer sich mit Gott versöhnen will, muss einerseits aufrichtige Reue zeigen und andererseits angemessene Wiedergutmachung leisten. In seinem Fall und ähnlichen reicht es nicht, die hinterzogenen, nicht verjährten Steuern nachzuentrichten und ein "Strafgeld" zu zahlen. Wiedergutmachung, Restitution und Reue bedeuten: Es darf dem "reuigen Steuersünder" richtig wehtun.

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