Erzbischof Zollitsch geht und bleibt doch

Frankfurt · Papst Franziskus hat das Rücktrittsgesuch von Robert Zollitsch angenommen. Trotzdem bleibt der 75-Jährige vorerst Erzbischof in Freiburg und Chef der katholischen Bischöfe in Deutschland.

Zuletzt war der Freiburger Erzbischof ungewöhnlich deutlich. Seine Empfehlung, die "Alternative für Deutschland" nicht zu wählen, sorgte bundesweit für Aufsehen. Bereits im August hatte der 75-jährige Robert Zollitsch beim Papst ein Rücktrittsgesuch eingereicht. Gestern stimmte Franziskus dem Amtsverzicht überraschend rasch zu.

Es ist ein Abschied auf Raten: Bis ein Nachfolger gefunden ist, steht Zollitsch weiter als Apostolischer Administrator den rund zwei Millionen Katholiken im Erzbistum vor. Zudem bleibt er bis zu den Neuwahlen im kommenden Frühjahr Vorsitzender der Bischofskonferenz und damit die wichtigste Stimme der Katholiken in Deutschland. Zollitsch blickt dann auf eine von Spannungen geprägte Amtszeit als Vorsitzender zurück: Zum einen brachte das wenig glückliche Agieren des Vatikan in Sachen Piusbruderschaft die Kirche in Erklärungsnöte. Zum anderen erlebte sie nach dem Bekanntwerden der Missbrauchsfälle durch Priester im Jahr 2010 schwere Erschütterungen und geriet in die Defensive.

Innerhalb der katholischen Kirche gilt der Freiburger Erzbischof als liberal, von vielen wird er als Moderator und Vermittler geschätzt. Sich selbst hat er einmal als "im guten Sinne konservativ, dabei aber offen für Wege nach vorne" charakterisiert. An klaren Worten ließ er es dabei nicht fehlen. Den sexuellen Missbrauch an Minderjährigen nannte er "ein abscheuliches Verbrechen", das im Raum der Kirche besonders schwer wiege. Die Aufklärung und Aufarbeitung des Skandals trägt Zollitschs Handschrift. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann wurde zum Missbrauchsbeauftragten ernannt und eine Hotline für Opfer geschaltet. Die Leitlinien für den Umgang mit Tätern wurden verschärft, ein Präventionskonzept beschlossen und ein Vorschlag zur finanziellen Entschädigung präsentiert. Gut ein Jahr nach Bekanntwerden des Skandals bat Zollitsch bei einem besonderen Bußakt der Bischöfe im Paderborner Dom die Missbrauchsopfer um Vergebung.

Als Vermittler geschätzt

Auf Reformappelle reagierte Zollitsch verhalten und warnte vor Polarisierungen. Die Kirche sei kein Reparaturbetrieb, es sei mehr erforderlich, als an einigen Stellschrauben zu drehen. Deshalb warb er bei den verunsicherten Katholiken für den Dialogprozess zur Zukunft der Kirche. Im Miteinander von Bischöfen und Laien machte er sich für eine offene Gesprächskultur stark.

Zollitsch war trotz gelegentlicher Irritationen stets an einem guten ökumenischen Klima gelegen. Über die regelmäßigen Kontakte zwischen den Kirchenleitungen hinaus zeigte er auch bei den evangelischen Kirchentagen von Bremen, Dresden und Hamburg Präsenz. Die Kirchen verbinde mehr, als sie trenne, betonte Zollitsch unermüdlich. Neben dem Deutschland-Besuch von Papst Benedikt XVI., bei dem das Kirchenoberhaupt 2011 auch in Freiburg Station machte, gehörten der zweite Ökumenische Kirchentag in München und der Mannheimer Katholikentag zu den Höhepunkten in der bisherigen Amtszeit Zollitschs.

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