Erste Ausgabe von „Charlie Hebdo“ nach dem Anschlag – In Rekordzeit ausverkauft

Paris · Eine Woche nach dem blutigen Anschlag ist die französische Satirezeitung „Charlie Hebdo“ wieder erschienen. Die ersten Exemplare waren sofort ausverkauft – doch insgesamt fünf Millionen Hefte sind geplant.

 Die Papeterie im Cora in Forbach verkauft am Mittwoch (14.01.2015) das Magazin "Charlie Hebdo", das bereits nach wenigen Augenblicken komplett vergriffen war.Location:Forbach

Die Papeterie im Cora in Forbach verkauft am Mittwoch (14.01.2015) das Magazin "Charlie Hebdo", das bereits nach wenigen Augenblicken komplett vergriffen war.Location:Forbach

Foto: Becker & Bredel

Manuel Valls gehörte zu den wenigen Glücklichen, die am Mittwochmorgen eine Ausgabe von "Charlie Hebdo " in den Händen hatten. Stolz zeigte der französische Regierungschef das grüne Titelblatt mit einer Karikatur des Propheten Mohammed in die Kameras. Wer die Satirezeitung nicht abonniert hatte, musste sehr früh aufstehen, um ein Exemplar der ersten Ausgabe nach dem Anschlag auf die Redaktion vor einer Woche zu bekommen. "Die Händler haben mich gar nicht ausreden lassen und gleich gesagt: "Charlie Hebdo " ist ausverkauft", berichtete ein Pariser, der um halb sieben mehrere Kioske aufsuchte und kein Heft mehr bekam. Drei Stunden später war die erste Auflage von 700 000 Exemplaren nicht mehr zu haben.

In der Ausgabe 1178 machen sich die Zeichner auch über die islamischen Extremisten lustig, die die Redaktion am 7. Januar mit Kalaschnikows angriffen. Auf einer Karikatur des Zeichners Luz fragen die beiden vermummten Täter bei ihrer Ankunft im Paradies: "Wo sind die 70 Jungfrauen?" Aus einer Wolke kommt die Antwort: "Beim Team von Charlie Hebdo , ihr Looser."

In dieselbe Kerbe schlägt der Karikaturist Riss, der bei dem Überfall an der rechten Schulter verletzt wurde und vom Krankenbett aus zulieferte. Auf seiner Zeichnung sitzt ein "Charlie-Hebdo"-Journalist vor einem Stapel Papiere am Schreibtisch: "Zeichner bei Charlie Hebdo bedeutet 25 Jahre Arbeit", steht darüber. "Terrorist ist eine Arbeit von 25 Sekunden", lautet der Kommentar einer zweiten Zeichnung, in der ein vermummter Mann mehrere Menschen erschießt. "Terrorist - ein Beruf für Faulenzer und Nichtsnutze."

Bereits am Tag nach dem Anschlag hatte der Anwalt der Zeitung, Richard Malka, angekündigt, dass die Redaktion weitermachen wird. "Das ist eine Art, zu zeigen, dass sie Charlie nicht getötet haben." Die Überlebenden trafen sich bereits am Freitag in den Räumen der Zeitung "Libération", um die neue Ausgabe vorzubereiten. Am Montag um 21.30 Uhr stand das Titelblatt fest, das bereits in Ägypten und im Iran kritisiert wurde: ein weinender Mohammed mit dem Slogan der Solidaritätsbewegung "Ich bin Charlie" in der Hand. "Alles ist vergeben", steht darüber.

Die Redaktion freute sich über den Run auf das neue Heft, das sonst nur in einer Auflage von 60 000 Exemplaren erscheint. "Zuerst einmal Danke und bleibt ruhig: Wir werden nachdrucken", twitterte der Kolumnist Patrick Pelloux. Viele Käufer gaben an, noch nie zuvor "Charlie Hebdo " gelesen zu haben. "Es ist eine Art republikanischer Kauf", bemerkte der Chef der Vertriebsgesellschaft MLP, Patrick André. Am Sonntag waren in ganz Frankreich fast vier Millionen Menschen zu einem republikanischen Marsch unter dem Motto "Ich bin Charlie" auf die Straße gegangen.

Der umstrittene Komiker Dieudonné M'Bala M'Bala hatte den Slogan noch am Abend verhöhnt und mit einem der Terroristen in Verbindung gebracht. "Heute Abend fühle ich mich wie Charlie Coulibaly", postete der mehrfach wegen antisemitischer Äußerungen verurteilte 48-Jährige auf Facebook . Am Mittwoch kam er in Polizeigewahrsam - wegen Ver herrlichung des Terrorismus.

Zum Thema:

HintergrundIm Saarland wird die neue Ausgabe von "Charlie Hebdo " nach Angaben des Pressevertriebs Saar (PVS) ab Samstag im Handel sein. 500 Exemplare habe man bestellt, teilte der PVS auf Anfrage mit. Unklar war gestern jedoch, wie viele Exemplare tatsächlich geliefert werden können. jöw

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