Erst das Kriegsrecht, jetzt der Putsch

Bangkok · Thailands Politiker haben versagt. Kompromisslos bis zuletzt haben sie das Land in eine neue Militärherrschaft getrieben. Die Regierungsgegner hoffen auf einen Befreiungsschlag: Der Armeechef soll die Parteien nun versöhnen.

Die Rechnung der Regierungsgegner in Thailand ist aufgegangen. Seit November versuchten sie mit Massenprotesten, Blockaden und Einschüchterungen, die 2011 demokratisch gewählte Regierung zu stürzen. Sie scheiterten zwar, aber das inszenierte Chaos war groß genug, um die widerwillige Armee gestern zum Äußersten zu treiben: Das Militär hat die Macht übernommen, mit Ausgangssperre, Presse-Maulkorb, Festnahmen. Thailands Politiker haben versagt, nun soll die Armee es richten. Genugtuung äußerten die Regierungsgegner zunächst nicht. Aber sie hatten zwei Tage zuvor schon das Kriegsrecht unverhohlen begrüßt. "Das zeigt doch wenigstens, dass die Soldaten den Mut haben, dem Land in der Krise zu helfen", sagte der Mönch Phra Buddha Issara, der an vorderster Front der Regierungsgegner marschierte.

Empört reagierte der bekannte liberale Kolumnist Pravit Rojanaphruk: "An General Prayuth: Sie können Thailand zwar mit Gewalt einnehmen, aber Sie werden unsere Herzen nie gewinnen", twitterte er gestern. Doch wie schon das Kriegsrecht dürften viele Thailänder auch den Putsch begrüßen. Das Land ist seit Monaten politisch gelähmt.

"Kriegsrecht lehrt uns, dass wir zu unreif sind, mit echten politischen Differenzen umzugehen", meinte Pravit am Mittwoch noch in einem Kommentar. "Aber es lehrt uns nie, politische Konflikte bleibend zu lösen."

Armeechef Prayuth Chan-ocha (60) ist ein widerwilliger Putschist. Das sah man ihm an, als er gestern mit versteinerter Miene die Machtübernahme verkündete. Widerwillig ist der Karrieresoldat nicht nur, weil er im September in den Ruhestand gehen wollte. Prayuth war beim letzten Putsch schon dabei, im Jahr 2006. Der gilt bis heute als Paradebeispiel für die Sinnlosigkeit von Militärinterventionen bei politischen Grabenkämpfen.

Die Ausgangslage ist heute genauso wie damals: Eine Regierung derselben Couleur war seinerzeit im Sattel, Demonstranten aus demselben Lager waren auf der Straße. Die Armee putschte und entmachtete den damaligen Regierungschef Thaksin Shinawatra zwar, doch wählte das Volk ein Jahr später wieder Thaksin-Vertraute an die Macht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort